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Langer Weg zum lückenlosen Lächeln

mobil 2014, Ausg. 1

Das Sjögren-Syndrom zieht häufig die Zähne in Mitleidenschaft. In schweren Fällen trägt die Krankenkasse die Kosten für eine Versorgung mit Implantaten. Doch der Weg dorthin ist oft steinig.

Anfang März 1999 erhielt ich die Diagnose primäres Sjögren-Syndrom. Das ist eine entzündliche rheumatische Erkrankung, die die Drüsen zerstört. Sehr oft sind die Speicheldrüsen betroffen, was zu Mundtrockenheit führt, die oftmals extrem sein kann. Jetzt, mit 54 Jahren, wusste ich endlich, warum meine Zähne trotz intensiver Pflege und Sanierung immer schlechter wurden. Im Unterkiefer hatte ich bereits eine Teilprothese, die mich leider nicht vor weiteren Zahnverlusten bewahrte. Ende 2005 wies mich mein Zahnarzt auf die Möglichkeit einer Implantatversorgung im Unterkiefer und auf eine mögliche Kostenübernahme durch die Krankenkasse hin. Denn der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen legt in Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 SGB V die seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle fest. Das bedeutet, dass Betroffene in diesen Fällen einen Anspruch auf implantologische Leistungen im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V als Sachleistung haben. Darin heißt es unter Punkt b, dass ein solcher schwerer Fall bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, also Mundtrockenheit, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung vorliegt.

Weiter schreiben die Richtlinien vor, dass die Krankenkasse die in diesen Richtlinien genannten Behandlungsfälle begutachten lassen, um festzustellen, ob die Ausnahmeindikation vorliegt. Zahnarzt und Krankenkasse können wiederum das Gutachten durch ein Obergutachten überprüfen lassen. Gutachter und Obergutachter müssen implantologisch erfahrene Zahnärzte sein. Entsprechende Experten benennt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung KZBV im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen. Ende November 2005 stellte ich bei meiner Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme für Zahnimplantate. Mein Zahnarzt hatte sechs Implantate vorgeschlagen.

Ich fügte dem Antrag sämtliche Unterlagen zu meiner Erkrankung sowie die voraussichtlichen Kosten bei. Es folgte das Gutachten, in dessen Anschluss mir meine Krankenkasse mitteilte, dass bei mir keine Ausnahmeindikation vorliegt und eine Versorgung mit herkömmlichem Zahnersatz möglich sei. Gegen diesen Bescheid legte ich Widerspruch ein. Auch eine weitere Begutachtung kam zu dem Schluss, dass für mich Mundpflege mit herausnehmbarem Zahnersatz vorteilhafter sei als eine Versorgung mit Implantaten. Mein Zahnarzt und ich waren empört, denn beide Gutachten waren oberflächlich und fehlerhaft. Schon bei der Begutachtung hatte ich das Gefühl, dass der Gutachter unvorbereitet und schlecht informiert war.

Auf die Frage, warum mir im Unterkiefer so viele Zähne fehlen, antwortete ich, dass ich sehr viel Karies und Zahnfleischrückgang und in den letzten Jahren auch Druckstellen und Entzündungen hatte, was sicher zum großen Teil auf das Sjögren-Syndrom zurückzuführen sei. Das ließ er nicht gelten, da viele Menschen „Zahnfleischrückgang“ hätten. Außerdem behauptete er im Gutachten, ich würde meine Prothese nicht tragen. Doch wie sonst sollte ich wohl essen und mich in der Öffentlichkeit bewegen? Ebenso gab er an, er könne keine Mundtrockenheit feststellen.
Daraufhin unterzog ich mich in der Rheumaklinik objektiven Tests und schickte die entsprechenden Ergebnisse an die Krankenkasse. Dazu legte ich eine Stellungnahme meines Rheumatologen, der die Implantatversorgung befürwortete. Diese teilte mir daraufhin mit, für sie sei nur das Gutachten maßgebend.

Weiterhin hatte ich in der Zwischenzeit privat einen Oralchirurgen und Zahnarzt konsultiert, der über zahnärztliche  Aspekte im Rahmen des Sjögren-Syndroms promoviert und habilitiert hatte und sich mit den Besonderheiten dieser Krankheit bestens auskennt.

Dieser für das Sjögren-Syndrom hochqualifizierte Arzt stellte sein Fachwissen sowohl Kollegen als auch Patienten im Rahmen der Deutschen Rheuma-Liga zur Verfügung. Er hatte mir ebenfalls die extreme  Xerostomie bestätigt und dass ich bei einer Klage zahnmedizinisch große Aussichten auf Erfolg hätte. Außerdem bestätigte er mir, dass es bei dem Schweregrad meiner Xerostomie zu großen Komplikationen mit herkömmlichem Zahnersatz kommen wird.

Inzwischen musste mein Zahnarzt einen weiteren Zahn ziehen. Deshalb konnte meine Prothese nicht mehr ordentlich befestigt werden, sodass von einer angemessenen Lebensqualität nicht mehr gesprochen werden konnte. Ich hatte die ganze Zeit meinen Widerspruch aufrecht erhalten und sogar auf die Möglichkeit verwiesen, meinen Anspruch einzuklagen. Schließlich reichte mein Zahnarzt den Antrag auf ein Obergutachten direkt bei der KZBV ein.
Ende September 2006 stellte der Obergutachter fest, dass bei mir eine weitere prothetische Versorgung nur sehr schwer möglich sei. Außerdem bestätigte er die extreme Mundtrockenheit im Sinne der Ausnahmeindikation. Bei meinem Krankheitsbild und den lokalen Gegebenheiten im Kieferbereich stelle eine implantologische Versorgung die wesentlich bessere sowie wirtschaftlichere und darüber hinaus knochenerhaltende Maßnahme dar.
Nach diesem Gutachten hat die Krankenkasse schließlich alle Kosten für die Implantatversorgung übernommen. Anfang Dezember 2006 bekam ich sechs Implantate gesetzt, im Frühjahr 2007 wurde der Zahnaufbau gefertigt. Seitdem kann ich wieder sehr gut essen. Ich bin froh, dass ich diesen langen Weg gegangen bin und nicht vorher aufgegeben habe.

Autorin Christa Behrendt

Sie ist seit 15 Jahren an Sjögren erkrankt und war im Landesverband Schleswig-Holstein ehrenamtliche Ansprechpartnerin für das Sjögren-Syndrom.