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Was ist eine reaktive Arthritis?

Eine reaktive Arthritis ist eine Gelenkentzündung, die als Reaktion nach einer gelenkfernen Infektion auftritt. Auslösend können bakterielle Infektionen des Darmes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder der Atemwege sein. Häufig wird allerdings der auslösende Infekt nicht bemerkt.

Die genauen Mechanismen, die zu einer reaktiven Arthritis führen, unterscheiden sich je nach auslösendem Erreger und sind zum Teil noch unklar. Mit der Entwicklung neuer molekularbiologischer Methoden ist es gelungen, bestimmte Bakterien oder Bakterienbestandteile in der Gelenkflüssigkeit oder -innenhaut von Patienten mit reaktiver Arthritis nachzuweisen. Man vermutet daher, dass lebende Erreger, die sich allerdings im Gelenk nicht vermehren, oder Erregerbestandteile im Gelenk bleiben und dort als »Fremdstoffe« eine Entzündung hervorrufen. Die Immunreaktion auf den Erreger wird unter anderem von genetischen Merkmalen der betroffenen Patienten bestimmt.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei das so genannte HLA-B27, ein Erbfaktor, den in Deutschland acht Prozent der Bevölkerung haben.  HLA-B27 ist bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten nachweisbar und gilt als Risikofaktor für einen entzündlichen Befall des Achsenskeletts und für einen längeren Krankheitsverlauf. HLA-B27 ist ein Protein, das auf der Oberfläche von Immunzellen lokalisiert ist und eine Rolle bei der Immunaktivierung spielt. Da es ein Erbfaktor ist und sich nicht verändert, muss HLA-B27 nur einmal im Leben bestimmt werden. 

Wie häufig ist eine reaktive Arthritis?

Die reaktiven Arthritiden sind weltweit verbreitet. Nach entsprechenden Infektionen erkranken 1 bis 5 Prozent der Bevölkerung an einer reaktiven Arthritis. Die jährliche Zahl an Neuerkrankungen, die durch eine Chlamydien-Infektion hervorgerufen werden, beträgt in Skandinavien ca. 4 auf 100.000 Einwohner. In Deutschland wird die Häufigkeit reaktiver Arthritiden auf 0,05 Prozent geschätzt, das heißt 50 von 100.000 Einwohnern leiden an einer reaktiven Arthritis. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Die Mehrzahl der Betroffenen ist unter 40 Jahre alt.

Die typischen Symptome einer reaktiven Arthritis

Die reaktive Arthritis tritt meist zwei bis vier Wochen nach der auslösenden Infektion auf. Typische Symptome solcher Infektionen können zum Beispiel Brennen beim Wasserlassen, häufiges Wasserlassen, Ausfluss aus der Harnröhre bzw. der Scheide, Durchfallerkrankungen, Halsschmerzen oder Husten sein. Diese Infektionen können allerdings sehr leicht verlaufen und werden daher nicht immer bemerkt oder mit der Arthritis in Zusammenhang gebracht.

Im Vordergrund der Erkrankung selbst stehen die Gelenkbeschwerden. Dabei können die Symptome von leichten Gelenkschmerzen (Arthralgie) bis zu starken Gelenkentzündungen (Arthritis) variieren. Eine Arthritis liegt vor, wenn neben den Gelenkschmerzen auch eine Gelenkschwellung und -überwärmung vorhanden sind.

Meist sind die »Gewicht tragenden Gelenke« der unteren Extremität, also Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, selten Schulter, Ellenbogen oder Handgelenke, betroffen. Nur in Ausnahmefällen sind kleine Gelenke (Finger- und Fußgelenke) einbezogen. Im Allgemeinen sind nur ein oder wenige Gelenke betroffen (meist Knie- oder Sprunggelenk), selten sind gleichzeitig mehrere Gelenke entzündet. Manchmal »springt« die Entzündung von einem Gelenk zum anderen.

Eine Polyarthritis, das heißt ein Befall vieler Gelenke gleichzeitig wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen kommt sehr selten vor. Bei dem seltenen Befall des Beckens oder der Wirbelsäule können tiefsitzende Kreuzschmerzen und Rückenschmerzen hinzukommen, die typischerweise am frühen Morgen am stärksten sind und mit Bewegung nachlassen. Weitere typische Symptome sind Entzündungen im Bereich von Sehnenansätzen (z. B. der Achillessehne), Sehnen oder Sehnenscheiden. Manchmal ist ein ganzer Finger oder Zeh geschwollen. Man spricht dann von einem »Wurstfinger oder Wurstzeh«. Es können auch Muskelschmerzen vorkommen.

Außerhalb des Bewegungsapparates können Haut- und Schleimhaut-Symptome auftreten, so z. B. schuppende Hautveränderungen, insbesondere an den Hand- und Fußsohlen, die an eine Schuppenflechte erinnern. Gelegentlich sind schmerzhafte, rötlich-bläuliche Knoten an Sprunggelenken und Unterschenkeln (Erythema nodosum) vorhanden. Es können Harnröhrenentzündungen, Entzündungen der äußeren und inneren Geschlechtsorgane (Balanitis, Prostatitis) oder Harnblasenentzündungen mit einer reaktiven Arthritis kombiniert sein.

Im Verlauf einer reaktiven Arthritis können Entzündungen der Augen vorkommen wie eine Entzündung der Bindehaut (Konjunktivitis), Hornhaut (Keratitis) oder Regenbogenhaut (Iritis/Iridozyklitis). Charakteristische Symptome sind dann Lichtscheu, Schmerzen, Brennen, Rötung und eventuell Sehstörungen. Eine Sonderform der reaktiven Arthritis ist das gleichzeitige Auftreten von Gelenkentzündung, Harnröhrenentzündung und Augenbindehautentzündung.

Diagnose der reaktiven Arthritis

An eine reaktive Arthritis muss man denken, wenn bei einem jungen Erwachsenen eine Entzündung eines oder weniger großer Gelenke auftritt. Damit Ihr Arzt feststellen kann, ob Sie an einer reaktiven Arthritis leiden, wird er Sie ausführlich befragen, ob bei Ihnen vor wenigen Tagen bis Wochen eine Blasen- oder Harnröhrenentzündung, eine Durchfallerkrankung oder ein Atemwegsinfekt aufgetreten sind. Wenn dies der Fall ist, kann die Diagnose relativ schnell gestellt werden. Wie bereits erwähnt, kann allerdings eine Infektion auch unbemerkt geblieben sein.

Ein weiterer wichtiger »Mosaikstein« bei der Diagnose der reaktiven Arthritis ist der Nachweis des auslösenden Erregers, zum Beispiel im Urin oder Stuhl. Da der auslösende Effekt meist schon mehrere Wochen zurück liegt, gelingt der Nachweis jedoch nicht immer. Dann wird mit verschiedenen Testsystemen nach Antikörpern (Abwehrstoffen) gegen die Krankheitserreger gesucht, die Hinweise auf eine abgelaufene Infektion geben und in der Regel im Blut nachweisbar sind.

Außerdem werden das HLA-B27-Merkmal sowie allgemeine Entzündungswerte, wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit, das C-reaktive Protein (CRP), bestimmt. In Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen der betroffenen Gelenke wird das Ausmaß der Entzündung bestimmt.

Behandlung der reaktiven Arthritis

Da die Symptome von leichten Gelenkschmerzen bis zu starken Gelenkentzündungen variieren können, muss auch die Therapie an die jeweiligen Beschwerden angepasst werden. Für die medikamentöse Therapie kommen in erster Linie kortisonfreie (nicht-steroidale) Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen in Frage. Diese Medikamente haben neben ihrer schmerzstillenden Wirkung auch einen entzündungshemmenden Effekt, so dass die meisten Patienten unter dieser Therapie beschwerdefrei werden. Bei schweren, auf NSAR nicht ausreichend ansprechenden Verläufen kann eine kurzzeitige Therapie mit Kortison, einem sehr stark entzündungshemmenden, körpereigenen Hormon, notwendig sein. Kortison kann auch direkt in das entzündete Gelenk gespritzt werden, wenn zuvor eine bakterielle Gelenkinfektion ausgeschlossen wurde.

Liegt eine Augenbeteiligung, insbesondere eine Regenbogenhautentzündung (Iritis) vor, muss der Augenarzt hinzugezogen werden. Nur eine sofortige Therapie verhindert spätere Sehstörungen.

Wenn es gelungen ist, den auslösenden Erreger der reaktiven Arthritis nachzuweisen, z. B. Chlamydien, wird eine kurzzeitige antibiotische Therapie verordnet. Da Chlamydien durch Sexualkontakt übertragen werden, muss auch der Partner kurzzeitig behandelt werden, um eine erneute Infektion zu vermeiden. Antibiotika haben zwar auf die aktuelle Arthritis keinen Einfluss, dienen aber dazu, den Erreger an der Eintrittspforte zu beseitigen und damit das Risiko späterer Rückfälle zu verringern. Ob eine mehrmonatige antibiotische Kombinationstherapie die Arthritis zur Ausheilung bringen kann, ist weiterhin umstritten.

Entwickelt sich eine chronische Arthritis, d. h. halten die Beschwerden längere Zeit an, kann eine Therapie mit Basistherapeutika wie Sulfasalazin oder Methotrexat erforderlich sein.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie sollten physiotherapeutische Maßnahmen wie Kältetherapie (Kaltluft, Kryopacks), Bewegungsübungen und Manualtherapie durchgeführt werden, um so die Schmerzen zu lindern, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten bzw. zu verbessern und einer Rückbildung der Muskulatur vorzubeugen.

Ist eine reaktive Arthritis heilbar?

Reaktive Arthritiden sind keine lebensbedrohlichen Erkrankungen. Obwohl der Beginn dramatisch sein kann, heilen sie normalerweise aus und verursachen in der Regel keine dauerhaften Gelenkschäden.

Die mittlere Erkrankungsdauer beträgt sechs Monate. Allerdings können sich bei etwa 20 bis 40 Prozent der Patienten chronische Arthritiden, Arthralgien, Sehnenprobleme oder Rückfälle entwickeln, wobei Patienten, die HLA-B27-positiv sind, neben der Arthritis auch Entzündungen der Harn- und Geschlechtsorgane oder eine Augenbeteiligung hatten, besonders betroffen sind.

Manchmal besteht noch Jahre nach einer reaktiven Arthritis eine gewisse »Wetterfühligkeit« der Gelenke und der Wirbelsäule.

Medizinische Beratung

Fachliche Beratung: Prof. Dr. med. Torsten Witte, Direktor der Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Medizinische Hochschule Hannover

Stand: März 2022

Der Text stammt aus dem Merkblatt Reaktive Arthritis der Deutschen Rheuma-Liga. Das Merkblatt können Sie herunterladen und bei Ihrem Landes- oder Mitgliedsverband bestellen.