Es kann ganz unspektakulär beginnen: Es sticht, knackt oder wird dick am Finger- oder Daumen, es schmerzt beim Zupacken. Manchmal ist es nur ein Finger, manchmal gleich mehrere, manchmal bleibt es lange bei leichten Beschwerden, oder aber sie nehmen ganz schnell zu: Eine Arthrose oder Polyarthrose ist wahrscheinlich.
Leider lässt sich Arthrose nicht heilen. Je früher Sie mit lindernden und entlastenden Maßnahmen beginnen, umso größer ist die Chance, Gelenkzerstörungen hinauszuzögern und auch lange gut im Alltag zurechtzukommen.
Hilfe durch Ergo- und Physiotherapie
Neben der medikamentösen Behandlung gibt es einige Möglichkeiten, die Symptome der Arthrose zu lindern und die Handfunktion zu verbessern oder bestmöglich zu erhalten. Dabei gilt der Grundsatz: Je früher Sie anfangen, desto besser, aber besser spät als nie. Handtherapeuten – das sind spezialisierte Ergo- oder Physiotherapeuten – können dabei eine wertvolle Unterstützung leisten. Für die Behandlung mit Ergotherapie oder Physiotherapie ist eine ärztliche Verordnung erforderlich.
Am Beginn einer Therapie steht die Befunderhebung: Wie beweglich und kräftig sind die Hände, wo und wie stark sind Schmerzen, gibt es belastende Greifbewegungen? Im Gespräch und mithilfe von Tests lassen sich die individuellen Schwierigkeiten im Alltag ermitteln. Daraus entwickeln Patientin oder Patient und Therapeutin beziehungsweise Therapeut gemeinsam die relevanten Behandlungsziele. Diese können je nach persönlichem Umfeld und Krankheitsstadium ganz unterschiedlich sein.
Mit Wärme oder Kälte Schmerzen verringern
In den meisten Fällen steht eine Schmerzreduktion ganz oben auf der Liste. In der Therapie kann man unter anderem verschiedene thermische Anwendungen kennenlernen. Mit diesem Fachbegriff werden Behandlungen der Hände mit unterschiedlich warmen oder kalten Materialien zusammengefasst, oft auch als Vorbereitung für andere Therapiemaßnahmen. Sie gehören zu den ältesten Heilmitteln der Geschichte und lassen sich sehr gut zu Hause durchführen. Besonders Wärme bewirkt durch verstärkte Durchblutung, Entspannung der Muskulatur und eine verbesserte Dehnbarkeit von Muskeln und Bindegewebe eine Schmerzlinderung. Kälte hilft dagegen zum Beispiel bei Hitzegefühl.
Grundsätzlich gilt dabei nicht, dass viel auch viel hilft: Milde Temperaturen (zwischen fünf und circa 40 Grad Celsius) und eine mittlere Anwendungsdauer von 15 bis 30 Minuten sind ideal. Für Handbäder eignen sich zum Beispiel Linsen, Erbsen, Kirsch- oder Traubenkerne. Rapssamen bieten durch eine leichte Ölabsonderung zusätzlich einen hautpflegenden Effekt.
Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf verschiedene Temperaturreize. Deshalb heißt die Devise: Ausprobieren, welche Temperatur aktuell für Sie geeignet und angenehm ist. Ganz wichtig ist aber: Bei akuten Entzündungen in den Gelenken bitte keine Wärme anwenden, da diese das Entzündungsgeschehen verstärken kann. Symptome für akute Entzündungen sind Hitze und Schwellung, gegebenenfalls auch Rötung.
Ihr „Kühlmittel“ können Sie ganz einfach in einem Stoffbeutel oder Kissenbezug im Gemüsefach des Kühlschranks aufbewahren, und dann im Stoffbeutel in eine große Schüssel setzen. Aufwärmen lassen sich Raps, Linsen & Co. im Backofen oder in der Mikrowelle. Bewegungsübungen der Hände sorgen je nach Intensität zusätzlich für Entspannung oder Kräftigung. Eine besonders intensive Wärmebehandlung stellt das Paraffinbad dar, bei dem die Hand in das flüssige Paraffin getaucht und dann für etwa 15 bis 30 Minuten in einem Handschuh warmgehalten wird.
Alle Anwendungen kann man nach Belieben auch mehrmals täglich durchführen.
Sanfte Bewegung und Kräftigung
Die Entlastung der betroffenen Gelenke ist Ziel und Maßnahme zugleich und spielt auch für die Schmerzminderung eine Rolle. Schmerzen führen zu vermehrter Anspannung und daher zu mehr Druck im Gelenk. Druck verstärkt die Reibung und damit den Schmerz. Eine normale Reaktion ist das Einnehmen einer Schonhaltung: Dabei ist das betroffene Gelenk weder ganz gebeugt noch komplett gestreckt, um möglichst wenig Druck im Gelenk zu haben. Aber ohne Gegenmaßnahmen kann die Beweglichkeit immer weiter abnehmen.
Durch falsche Belastung nehmen die Schmerzen eher zu. Diesen sogenannten Schmerzkreislauf gilt es zu unterbrechen: Durch sanfte Bewegungs- und Kräftigungsübungen, die am besten täglich durchgeführt werden, können Sie die Funktion der Gelenke erhalten. Achtung: Die Übungen sollen keine Schmerzen verursachen, ein Dehngefühl ist in Ordnung. Man kann mit einer Wärmebehandlung beginnen, um die Gewebe der Hand dehnbarer und geschmeidiger zu machen. Anschließend kann man die betroffenen Gelenke zunächst mit der anderen Hand für einige Sekunden sanft auseinanderziehen. Viele Betroffene empfinden dies besonders beim Daumensattelgelenk als sehr angenehm.
Danach kann man die Finger als Ganzes in die Beugung und in die Streckung dehnen, mithilfe der anderen Hand und auch auf einer Fläche. Sinnvoll ist auch eine Eigenmassage der kleinen Fingermuskeln. Wenn man einen kleinen festen Ball oder eine große Murmel zu Hilfe nimmt, wird die aktive Hand dabei nicht so stark belastet. Bei der Rhizarthrose ist die Lockerung und Dehnung der „Schwimmfalte“ zwischen Daumen und Zeigefinger ganz besonders wichtig, da es hier oft zur Verkürzung der Muskulatur kommt. Dadurch kann sich der Daumen dauerhaft der Hand annähern, man spricht von Kontraktur. So wird die Fehlbelastung des Gelenkes beim Greifen noch verstärkt.
Nach den Dehnungsübungen können sich aktive Übungen anschließen. Dabei unbedingt auf die richtige Ausführung achten. Bei starken Beschwerden oder wenn Sie sich unsicher fühlen, ist eine Anleitung in der Therapie sinnvoll. Grundposition ist immer die gestreckte Hand, bei der Unterarm, Mittelhand und Finger in einer Linie stehen und der Daumen abgespreizt ist. Auch wenn nur ein Gelenk betroffen ist, empfiehlt es sich, die ganze Hand zu beüben, da Beschwerden in einem Finger, besonders im Daumen, auch eine Überbelastung für die anderen Gelenke verursachen können. Nehmen Sie jede Position langsam ein, halten Sie sie für einige Sekunden und wiederholen Sie sie zehn- bis 15-mal.
Gelenkschutz entlastet und lindert Schmerzen
Ein weiterer wichtiger Baustein zur Entlastung der Fingergelenke ist der Gelenkschutz. Darunter versteht man Maßnahmen zum entlastenden Umgang mit den Gelenken im Alltag: ein schonender Gebrauch der Gelenke, der Einsatz geeigneter Hilfsmittel und das Tragen von Schienen. Wichtige Grundprinzipien des Gelenkschutzes und Beispiele für ihre Anwendung sind:
- Griffverdickungen: Sie verringern die Belastung der Finger- und Daumengelenke beim Greifen und Hantieren; Beispiele sind Stift, Nagelfeile, Sparschäler mit dickem Griff, Schlüsselhilfe.
- Hebelwirkung: Sie kann den Kraftaufwand erheblich verringern und zum Beispiel das Öffnen von Gläsern und Flaschen erleichtern. Aber auch ein einfacher Nussknacker kann manchmal helfen.
- Druck auf die Gelenke vermeiden: Denn ein geschädigter Knorpel kann den Druck nicht mehr richtig abfedern.
Möglichst mehrere oder große Gelenke einsetzen: Das Verteilen einer Belastung auf mehrere Gelenke verringert die Belastung für das einzelne Gelenk. Weitere hilfreiche Strategien sind Entlastungen bei Arbeitsabläufen, zum Beispiel das Aufteilen von Gewicht, das Einhalten von Pausen und das Abwechseln von unterschiedlichen Tätigkeiten mit wechselnden Belastungen.
Schonung und Stabilität: Einsatz von Hilfsmitteln
Hilfsmittel finden Sie im Internet, in Sanitätshäusern und auch in gut sortierten Haushaltsabteilungen. Wie also einen Überblick bekommen? Es empfiehlt sich, zunächst zu überlegen, bei welchen Tätigkeiten Hilfsmittel nötig sind, und die Hilfsmittel vorher auszuprobieren, damit Sie damit auch gut arbeiten können. Das kann auch bei einer ergotherapeutischen Hilfsmittelberatung erfolgen.
Ein sehr bedeutsamer Bestandteil der Behandlung ist die Schienenversorgung. Es gibt individuell angepasste und vorgefertigte Schienen und je nach Zielsetzung kann man verschiedene
Schienentypen anwenden:
- Lagerungsschienen ermöglichen eine schmerzlindernde Ruhigstellung, können Verkürzungen von Muskeln vorbeugen und Fehlstellungen korrigieren, wenn sie noch nicht zu stark ausgeprägt sind.
- Funktionsschienen werden im Alltag beim Hantieren eingesetzt und können die Gelenke stabilisieren, sie damit entlasten und Schmerzen verringern.
Die Schienenversorgung ist besonders für den Daumen relevant und vielfältig. Bei Arthrose im Mittel- und Endgelenk kommt vor allem eine korrigierende und schmerzlindernde Ruhigstellung
in Betracht. Eine vorgefertigte Schiene kann, wenn sie gut passt, sehr hilfreich sein. Spätestens in fortgeschrittenen Stadien sollte eine Schienenabklärung und Versorgung durch einen Handtherapeuten erfolgen, wieder auf ärztliche Verordnung.
Fazit: Sie haben es in der Hand!
Studien zeigen, dass eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen eine besonders gute Wirkung zeigt. Schon ab dem Frühstadium ist eine gute Schulung zur Erkrankung und die Wahrnehmung für entlastende Positionen und Bewegungen sinnvoll. In diesem Rahmen kann man auch Gelenkschutzmaßnahmen, Hilfsmittel und geeignete aktive Übungen kennenlernen. Bei
Bedarf kann eine geeignete Schiene die Behandlung vervollständigen.
Bei stärkeren Einschränkungen ist eine passive Mobilisation sehr sinnvoll, bei der ein Ergotherapeut die Gelenke durchbewegt und die Muskeln dehnt. Alle beschriebenen Maßnahmen greifen ineinander und können in einer ergotherapeutischen Behandlung angewendet werden. Aber auch in Eigenregie können Sie viel tun, um Schmerzen zu lindern, die Hände zu entlasten und beweglich zu halten: gute Voraussetzungen, um Ihren Alltag möglichst lange und gut im Griff zu haben.
Autorin: Ruth Koch leitet die Abteilung Ergotherapie am St. Josef-Stift, Sendenhorst.
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