Wie kann eine gelungene Kommunikation mit meinem Arzt mein Leben mit Rheuma verbessern? Shauna O'Connor aus Irland hat mit ihrem Text darüber den Edgar-Stene-Preis 2023 gewonnen.
"6 Jahre – „Ihre Tochter hat rheumatoide Arthritis.“
9 Jahre – „Wir beginnen mit MTX, sie muss ein paar Wochen ins Krankenhaus.“
10 Jahre – „Ihr Handgelenk ist verändert, sie muss mehr Übungen machen.“
12 Jahre – „Wir müssen ihre Dosis erhöhen. Übelkeit ist normal für dieses Medikament.“
14 Jahre – „Wissen Sie, wir nennen ihre Tochter ‚Coper‘, also die, die mit allem klarkommt.“
15 Jahre – „Shauna, du hast juvenile idiopathische Arthritis. Wir schicken dich zu einem Kollegen, dann schauen wir mal, ob dein Handgelenk wieder beweglicher wird. Was hältst du von einem zweiten Satz Schulbücher?“
Ich war ungefähr 15, als mein Arzt begann, mit mir über meine Arthritis zu sprechen – nicht über mich, sondern mit mir. Bis dahin wurden alle Informationen von meinen Eltern gefiltert. Alles, was ich bis dahin wusste, war: Arthritis tut weh und ist der Grund dafür, dass ich mein Handgelenk nicht mehr bewegen kann. Von den Medikamenten wurde mir übel.
Sehr früh lernte ich deshalb, nur die allernötigsten Informationen über mich zu preiszugeben: Gab ich zu, mehr Schmerzen zu haben, musste ich noch mehr Übelkeit erregende Medikamente nehmen, mehr Übungen machen und durfte weniger Zeit mit meinen Freunden verbringen. So wurde ich zu dem Kind, das vermeintlich mit allem klarkam – auf Englisch nannten die Ärzte mich „Coper“: das Kind, das wirklich gut mit der Arthritis umgehen konnte. Das Kind, das mit den Schmerzen klarkam.
Niemand machte sich allzu große Sorgen um mich – schließlich beeinträchtigte mich die Erkrankung offenbar kaum, ich konnte locker mit den anderen Kindern mithalten. In Wirklichkeit kämpfte ich jedoch. Ich war sehr klein für mein Alter, ständig machten Erwachsene Bemerkungen über meine Ernährung und mein Gewicht. Ich konnte Treppen nicht heruntergehen, und meine Hände schmerzten andauernd von all den vielen Aufsätzen, die ich schreiben musste. Mir fehlten die Worte, um zu erklären, wie es wirklich um mich stand. Und noch viel schlimmer, ich traute meinem Arzt nicht mehr – warum ließ er zu, dass ich mich so quälen musste?
Im Alter von 15 Jahren kam der Wendepunkt in meinem Leben. Ich kam zu einer neuen Rheumatologin, die mich ganz anders behandelte. Sie schaute erst mal, wie sie mir an welchen Stellen helfen konnte. Sie sprach mit mir, nicht über mich! Von diesem Alter an erfuhr ich, dass ein Leben mit Arthritis mehr bedeutet, als nur seine Übungen zu machen. Es bedeutet eine ständige Anpassung an das tägliche Leben. Es bedeutete, dass ich um Unterstützung bitten konnte, wann immer ich sie benötigte! Meine Ärztin brachte mir all das bei.
Sie bereitete mich darauf vor, meine eigenen Bedürfnisse artikulieren zukönnen. Das tue ich bis heute. Egal, wohin ich gehe, die Arthritis ist immer da – warum sollte ich nicht jede Unterstützung in Anspruch nehmen, die ich benötige? Die schlechten Jahre beim Kinderrheumatologen belasten mich noch heute. Zwar weiß ich, dass ich um Hilfe bitten kann, aber oft ist mir schleierhaft, wie ich das tun soll. Erst kürzlich wurde mir zum Beispiel klar, dass ich am Flughafen Unterstützung anfordern kann – für mich ist es einfach normal, mich mehrere Stunden in eine Schlange zu
stellen und die Schmerzen zu ertragen.
Schließlich musste schon das kleine Kind damals täglich mit unbeschreiblichen Schmerzen leben. Es hat nie um Hilfe gebeten – wenn ich das getan hätte, hätte jeder gesehen, dass ich Arthritis habe, ich hätte die Krankheit nicht mehr verstecken können.
"Gute Beziehung zu meinen Ärzten"
Heute möchte ich eine gute Beziehung zu meinen Ärzten haben. Seit zwölf Jahren bin ich in Remission und möchte, dass das so bleibt. Ich weiß, wie ich das erreichen kann: Ich muss ehrlich sein und jeden Schmerz wahrnehmen, jeden möglichen Schub. Ich muss vieles mit meiner Ärztin besprechen, deshalb gehe ich einmal im Jahr dorthin. Dort kann ich alles erzählen, was passiert ist, aber auch Ängste und Sorgen artikulieren. Ich habe dort einen sicheren Raum. Nicht alle meine Schmerzen kommen vom Rheuma, aber manchmal fürchte ich mich vor einem Schub. Mein Team hilft mir, mich zu entspannen, schubst mich aber auch, wenn ich in Sachen Bewegung zu faul werde.
Wenn ich meinem sechsjährigen Ich etwas sagen dürfte, wäre es: „Es muss nicht so schlimm sein, es wird besser werden. Finde deine Stimme und benutze sie oft.“ Den Ärzten würde ich sagen: „Sprechen Sie direkt und offen, egal, wie alt die Patienten sind. Kleine Kinder verstehen vielleicht nicht alle Hintergründe, aber sie verstehen sehr wohl ihre Schmerzen – und sie brauchen Hilfe, um sich diese erklären zu können. Bezieht die Kinder in ihre Behandlung mit ein, denn diese Kinder mit Arthritis werden eines Tages Erwachsene mit Arthritis sein. Sie können der Grund dafür sein, ob sie nur lernen, mit dem Schmerz zu leben, oder ob sie lernen, mit ihrem Rheuma zu leben.“
Den Eltern sage ich: „Stellt so viele Fragen wie möglich. Ihr seid die Anwälte eurer Kinder. Sie müssen auch zu allem und jedem Fragen stellen können, alles, was sie wissen wollen. Wenn ihr etwas nicht wisst, findet es heraus. Bezieht die Kinder in die Unterhaltungen über ihre Behandlung mit ein, lasst sie Fragen stellen!“ Und schlussendlich für die Erwachsenen, die alle einmal Kinder mit Arthritis waren: Macht den Mund auf! Versucht nicht, euch zu verstecken. Eure Schmerzen werden immer da sein, egal, ob ihr etwas sagt oder nicht. Der Unterschied ist: Es muss nicht so schlimm sein. Du kannst selbst in deinem Leben entscheiden, dass einige Dinge leichter werden. Bitte um Hilfe bei langen Schlangen, frage nach Hilfestellungen für dein Examen an der Uni, lass dir die Medikamente erklären, die der Arzt dir gerade verschrieben hat. Frage nach absolut jeder Hilfe, die für dich verfügbar ist.
Ich werde weiterhin auch meine Stimme benutzen, schließlich geht es um meine Zukunft. Ich glaube fest daran, dass ich es verdiene, so wenig Schmerzen wie möglich zu haben."
Autorin: Shauna O'Connor. Die Gewinnerin des diesjährigen Edgar-Stene-Preises ist 31 Jahre alt und stammt aus Irland. Sie lebt mit ihrem Partner und zwei Katzen in Dublin. Sie arbeitet an der Grundschule. Vizepräsidentin Corinna Elling-Audersch traf die Autorin in Mailand und übernahm freundlicherweise die Übersetzung aus dem Englischen.