Viele Betroffene berichten, dass sie sich aufgrund ihrer Erkrankung zurückziehen, Freundschaften zerbrechen, ihnen Einsamkeit zu schaffen macht. Die Berliner Diplom-Psychologin Cornelia Baltscheit weiß: Das muss nicht so sein.
Frau Baltscheit, der Mensch ist ein soziales Wesen und nicht zum Alleinsein geschaffen. Warum ist das so?
Der Mensch lebt schon immer in einem Gruppenverband. Das ist für uns eine notwendige biologische Überlebensstrategie. Gäbe es keine Bindung zwischen Eltern und Kindern, wären Kleinkinder gar nicht überlebensfähig. Bindung trägt dazu bei, dass wir zum Beispiel unsere Sprache lernen, aber auch, wie man Gefühle zeigt und deutet. In einer Gruppe, etwa in der Familie, fühlen wir Menschen uns stärker und sicherer.
Wir lernen, was Gefahr bedeutet, und bekommen Rückmeldung über uns selbst, was zu unserer Identitätsbildung beiträgt. Körperliche Nähe lässt den Körper das Bindungshormon Oxytocin ausschütten, was nachweislich stresslösend wirkt. Einsamkeit hingegen führt zum Anstieg von Blutdruck und Blutzucker, auch zu psychischen Erkrankungen. Menschen in einem gesunden sozialen Umfeld leiden seltener an Erkrankungen.
Manchmal führt eine chronische Erkrankung dazu, dass der Betroffene sich zurückzieht. Ist diese Strategie hilfreich, oder sollte man lieber versuchen, weiterhin in Gesellschaft zu bleiben?
Es gibt verschiedene Phasen in der Krankheitsbewältigung: Als Erstes befinden sich Betroffene in der Stufe, in der sie die Erkrankung noch nicht wahrhaben wollen und damit hadern. Das ist absolut verständlich, denn mit der Erkrankung können sich alle Aspekte unseres Lebens verändern. Durch körperliche Einschränkungen können wir mit anderen nicht mehr mithalten, fühlen uns ständig müde und nutzlos. Nicht selten fällt man in eine Depression und zieht sich vor der Umwelt zurück. Das sind normale Phasen in der Krankheitsbewältigung, da sich unser bisheriges Leben von Grund auf verändern kann. Doch schließlich müssen wir uns mit der Krankheit arrangieren. Dazu gehört es, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen, sich zu informieren und Wissen über die Krankheit anzueignen. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann ebenfalls in dieser Phase sehr hilfreich sein.
Welche Rolle spielt das Thema Kommunikation in (Liebes-)Beziehungen?
Kommunikation ist wichtig in jeder Beziehung. Miteinander reden über Schmerzen, Stimmungen oder Gefühle hilft, sich gegenseitig besser zu verstehen. Der Partner, Familienangehörige, Freunde alle müssen mitlernen, die Veränderungen verstehen, wenn jemand erkrankt. In einer Beziehung wird das Rheuma nun der dritte Partner, der Einfluss nimmt und dazugehört.