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Resilienz: Abwehrtraining für die Seele

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Resilienz

Menschen mit hoher Resilienz lassen sich von Herausforderungen nicht so schnell umhauen. Sie lässt sich gezielt verbessern.

Manche Menschen scheinen Niederlagen oder Schicksalsschläge besser wegzustecken als andere. Diese Fähigkeit nennt man Resilienz – und sie lässt sich gezielt trainieren, erklärt Resilienztrainerin Nina Broich-Glagow.

Nina, du bist Resilienztrainerin. Was versteht man unter Resilienz?

Bildlich gesehen ist Resilienz wie ein Flummi, der beim Aufprall auf dem Boden kurz eine Delle bekommt und sich dann zurückverformt.

Bezogen auf den Menschen lässt sich Resilienz ganz allgemein als psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen beschreiben.

Wie bist du auf dieses Thema gekommen?

Mit 21 Jahren habe ich sehr plötzlich meinen Vater verloren. Ich stand mitten in meiner Krankenschwesterausbildung und wollte im Anschluss Medizin studieren. Ich musste stark sein und wollte mich nicht von meinen Plänen abbringen lassen.

Trotz dieser emotionalen Belastung wollte ich meinen Weg weitergehen. Ich nahm meine Kraft zusammen und schaute nach vorne. Meine Schwester dagegen verarbeitete unseren Verlust ganz anders und brauchte wesentlich länger dafür. Obwohl wir aus dem gleichen Elternhaus kommen, also, wie Psychologen sagen, die gleiche Sozialisation erfahren hatten, gingen wir sehr unterschiedlich mit der Trauer um. Das warf mir später viele Fragen auf.

In welchen Situationen ist Resilienz hilfreich?

Sobald wir im Leben vor einer neuen Herausforderung beziehungsweise einer emotionalen Beanspruchung stehen, hilft uns unsere Resilienz. Jeder Mensch reagiert dabei unterschiedlich. Menschen mit hoher Resilienz lassen sich nicht so schnell umhauen: Sie regulieren sich in schwierigen Lebenslagen selbst und finden in ihre eigene Mitte zurück. Im Umkehrschluss kann ein weniger resilienter Mensch ernsthaft psychisch krank werden.

Ein schönes Bild ist die Vorstellung eines Baumes, der trotz starken Sturms immer standhaft bleibt. Dabei ist Resilienz keine statische, einmal festgelegte Fähigkeit, sondern entwickelt sich vielmehr im Lauf des Lebens, etwa durch Interaktion mit anderen Menschen und der Umwelt. Seitdem ich mein Stresslevel in meinem Leben minimiert habe, geht es mir auch gesundheitlich viel besser. Das versuche ich in meiner Arbeit als Resilienz- und Entspannungscoach meinen Klienten zu vermitteln.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sieben Faktoren gibt, die Resilienz beeinflussen. Je besser diese Standbeine ausgeprägt sind, umso weniger gerät ein Mensch ins Wanken. Diese Säulen gilt es, gezielt zu stärken – genau das passiert im Resilienztraining.

So stärken Sie Ihre Resilienz

Jeder Mensch arbeitet täglich unbewusst an seiner Resilienz. Kleine Impulse im Alltag können weiterhelfen.

  • Achtsamkeit in den Alltag integrieren.
  • Gutes Stressmanagement etablieren: angeleitete Meditationen hören, Entspannungstechniken lernen.
  • Auf seinen Körper hören.
  • Netzwerken heißt auch: Freundschaften pflegen, Tee trinken und klönen.
  • Tagebuch führen: Das Niederschreiben von Gedanken hilft bei der Selbsterkenntnis und dabei, Probleme zu lösen.
  • Glückstagebuch führen: alle schönen Dinge des Tages notieren. Tipp: täglich mindestens drei noch so kleine Dinge aufschreiben.
  • Regelmäßige Bewegung in den Alltag integrieren: im Wald spazieren gehen, Gedanken laufen lassen, gute Psychohygiene, also negativen Gedanken nicht zu viel Raum geben.

Wie sieht deine Arbeit in der Praxis aus?

Im Rahmen der Verhältnisprävention wurden spezielle Resilienztrainings entwickelt. In der Praxis gibt es dazu Schulungsprogramme über acht bis zehn Wochen. Es gibt auch Kurzprogramme. Beides wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst.

Neben Gruppenangeboten gibt es auch Einzelcoachings, die vor Ort oder online stattfinden können. Zu Beginn des Trainings steht meist ein Fragebogen. Im Zehnwochenkurs werden dann alle sieben Resilienzfaktoren der Reihe nach trainiert, im Kurzprogramm werden nur drei bis vier bearbeitet. In der Praxis sieht das so aus, dass man zum Beispiel Zukunftspläne schmiedet, negative Glaubenssätze identifiziert und umwandelt.

Außerdem lernt man Achtsamkeitsübungen und Entspannungsmethoden. Dabei soll das Training Spaß machen: Es geht nicht darum, Defizite aufzuzeigen, sondern vielmehr darum, vorhandene Stärken und Potenziale zu stärken und weiterzuentwickeln. So lernen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ihre Denk- und Verhaltensweisen zu verändern und weiterzuentwickeln. Zukünftig können sie ihre Arbeit, Handeln und Gefühle auch besser reflektieren. Sie erkennen früher, was ihnen guttun würde. Bei einer chronischen Erkrankung ist das besonders hilfreich – das weiß ich aus eigener Erfahrung. Solche Kurse findet man übrigens zum Beispiel über seine gesetzliche Krankenkasse.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, seine Resilienz zu verbessern?

Man kann seine Resilienz das ganze Leben lang gezielt trainieren und fördern – idealerweise, bevor eine große Belastung zu Problemen führt. Allerdings richtet sich ein Resilienztraining an psychisch gesunde Menschen und ersetzt keine Psychotherapie. Wer eine psychische Erkrankung hat, sollte mit dem behandelnden Therapeuten vorher darüber sprechen, ob so ein Training gerade sinnvoll ist. 

Zur Person: Nina Broich-Glagow ist studierte Gesundheitswissenschaftlerin und arbeitet unter anderem als Resilienz- und Entspannungscoach. Sie hat eine Kollagenose.

Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 6-2022. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift kostenlos direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden).

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