Wie diagnostiziert man eine entzündlich-rheumatische Erkrankung? Prof. Stefan Schewe erklärt, worauf es ankommt, und warum eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte Zeit braucht.
"Grüß Gott, Frau Meier, was führt Sie zu mir?" So oder ähnlich beginnen viele Gespräche in meiner Sprechstunde. Gemeinsam mit dem Patienten wollen wir herausfinden, wo die Ursache der Beschwerden an den Gelenken und/oder der Wirbelsäule liegt. Die wichtigste Informationsquelle ist dabei das Gespräch.
Bleiben wir zuerst bei Gelenkbeschwerden. Häufig passiert folgender Dialog: Ich habe Schmerzen in den Händen, der Schulter, den Knien … Ein Schwall von Beschwerden übergießt den Doktor, der kann aber nur bremsen und muss sehr genau die Umstände der Schmerzen hinterfragen, etwa mit folgenden Fragen:
- Seit wann bestehen die Schmerzen?
- Mit welchem Gelenk fing es an?
- Gab es zuvor an diesem Gelenk Verletzungen?
- Wann im Tagesverlauf sind die Schmerzen am stärksten – eher morgens, tagsüber oder abends?
- Treten die Beschwerden nur unter Belastung auf oder auch nachts oder in Ruhe?
- Können Sie deshalb nicht schlafen?
Details sind wichtig
Je nach den Antworten geht es weiter ins Detail. Der erste wichtige Tipp: Bevor Sie zum Arzt gehen, schreiben Sie auf, wann und wo was genau begonnen hat. Die Antworten sind sowohl für den Arzt, aber auch für Sie von großer Bedeutung. Ist nur ein Gelenk betroffen, bleibt die Antwort kurz, sind es mehrere Gelenke und bestehen die Schmerzen schon länger, ist es von Bedeutung, in welcher Reihenfolge welche Gelenke betroffen waren.
Weitere Fragen schließen sich an:
- War das Gelenk oder waren die Gelenke eindeutig sichtbar geschwollen, zusätzlich gerötet oder überwärmt?
- Wenn die Fingergelenke betroffen sind: Können Sie morgens die Faust schließen?
- Wie lange brauchen Sie morgens, um sich wieder normal bewegen zu können? Dabei sind Angaben in Minuten oder Stunden hilfreich.
- Sind bestimmte Bewegungen besonders schmerzhaft? Gibt es andere Bewegungen, die die Schmerzen eher lindern?
- Wenn mehrere Gelenke betroffen sind: Waren von Anfang an mehrere Gelenke betroffen oder fing es mit einem an und andere Gelenke traten hinzu? Wechselt der Schmerz von einem Gelenk zum nächsten oder tun alle betroffenen Gelenke ständig gleichmäßig weh?
Eine ungefähre Angabe zur Stärke der Schmerzen in den letzten Tagen ist weiterhin von Bedeutung – meist als Zahlenangabe zwischen „0“ – keine Schmerzen – und „10“ – unerträgliche, massive Schmerzen. Die Art der Schmerzen – ob mehr brennend, stechend, ziehend, pochend, auf- und abschwellend, drückend – ist in der Rheumatologie meist nicht so bedeutsam wie in anderen Bereichen der Inneren Medizin. Dagegen ist die Dauer der Schmerzen in einem Gelenk – immer gleichbleibend, nur kurzzeitig für Sekunden bis Minuten oder gar Stunden – von großer Bedeutung.