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Rheuma kann den ganzen Körper betreffen

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Schmerzen am Körper

Wirbelsäule, Augen, Lunge, Verdauungstrakt: Entzündlich-rheumatische Erkrankungen haben oft Auswirkungen auf den ganzen Körper.

Entzündliche Rheumaerkrankungen können den gesamten Körper betreffen. Deshalb sind Fragen nötig, die weit über die Gelenke hinaus gehen und einmal den ganzen Körper durchleuchten.

Ein solcher Systemüberblick von Kopf bis Fuß kann leider nie ganz vollständig sein. Es hilft dem Arzt – und letztlich auch dem Patienten selbst –, wenn er vor dem Termin in der Sprechstunde überlegt und berichtet, ob in der Vergangenheit Beschwerden vorgelegen haben.

Wirbelsäule

Betroffene mit entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen haben das Pech, dass Schmerzen an der Wirbelsäule sehr häufig sind. Deshalb kann es leicht passieren, dass eine etwaige, seltene entzündliche Ursache schneller übersehen wird als bei entzündlichem Gelenkschmerz. Auch für Kreuzschmerz gilt, dass es entscheidend ist, ob die Wirbelsäulenbeschwerden mehr nachts und morgens auftreten, man davon wach wird, das Aufstehen und die Bewegung die Schmerzen deutlich verbessert, die Steifigkeit im Kreuz morgens länger anhält.

Diese Besonderheit des sogenannten entzündlichen Kreuzschmerzes ist elementar, denn bei den sehr häufigen, meist muskulär verursachten Wirbelsäulenschmerzen ist es genau umgekehrt: Sie treten eher tagsüber und nur selten nachts auf, höchstens beim Umdrehen im Bett. Auslöser und Verstärker sind oft bestimmte Bewegungen, außerdem dauern diese Schmerzen oft deutlich kürzer.

Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen, Spondyloarthritis, sind sogenannte Systemerkrankungen, sie betreffen nicht nur die Wirbelsäule und/oder die Gelenke, sondern den gesamten Körper. Für die Diagnose dieser Erkrankungen sind die Fragen zu den Schmerzen, aber auch zu den folgenden Organsystemen notwendig und haben gegebenenfalls Auswirkungen auf die Diagnose und die Therapie.

Hals-Nasen-Ohren

Bestimmte seltenere Rheumaerkrankungen können im Hals-Nasen-Ohren-Bereich mit folgenden Beschwerden beginnen: häufiger, eitriger Ausfluss aus der Nase, ständige Nasennebenhöhlenentzündungen, Blutbeimengungen zusammen mit dem Ausfluss, mehrfache Operationen an der Nase oder den Nasennebenhöhlen.

Liegen positive Hinweise vor, kann es sich beispielsweise um eine Vaskulitis handeln, zum Beispiel granulomatöse Polyangiitis, früher Morbus Wegener genannt. Verformungen der Nase oder Ohren, die ohne eine vorherige Verletzung aufgetreten sind, können auf eine Gefäßentzündung in der Nasenschleimhaut hindeuten. Weiterhin von Bedeutung können Hörprobleme, Gleichgewichtsprobleme, Drehschwindel und anderes sein.

Die Augen

Die Augen sind Ziel so mancher entzündlicher Rheumaerkrankung und leider auch Ort von Nebenwirkungen wichtiger Medikamente in der Rheumatologie, etwa Kortison. Der Rheumatologe interessiert sich dafür, ob Entzündungen im Auge bemerkt wurden. Gemeint sind dabei weniger die häufigen Bindehautentzündungen (obwohl auch die Bedeutung haben können). Fragen zu den Augen zielen mehr auf Entzündungen im Auge selbst ab, etwa der Regenbogenhaut (Iritis, anteriore Uveitis), der Netzhaut (Chorioretinitis, posteriore Uveitis) oder der Lederhaut (Skleritis).

Alarmsignal Lichtempfindlichkeit

Kann jemand Licht kaum ertragen und hat Schmerzen, Rötungen und starke Tränenbildung an einem oder beiden Augen, ist das ein Hinweis auf eine mögliche Entzündung der Regenbogenhaut. Die sogenannte Iritis ist ein wichtiges Zeichen für eine ganze Gruppe von Rheumaerkrankungen, den Spondyloarthritiden. Darunter fasst man Entzündungen der Wirbelsäulengelenke und der „normalen“ Gelenke wie Knie oder Sprunggelenk zusammen.

Zur Gruppe dieser Rheumaerkrankungen gehört der Morbus Bechterew, die Schuppenflechtenarthritis, die Psoriasis der Haut (Schuppenflechte), die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (vor allem der Morbus Crohn, weniger die Colitis ulcerosa) und zu guter Letzt die reaktive Arthritis. Darunter versteht man eine Gelenkentzündung, meist vom Knie oder einem anderen großen Gelenk der Beine (Hüftgelenk, Knie, Sprunggelenk) Wochen nach einer Blasenentzündung, einer Harnwegsentzündung, eines Durchfalls, einer Halsentzündung oder Ähnlichem.

Wichtig: Auch Kinder und Jugendliche können in diese Gruppe fallen, dann spricht man von juveniler idiopathischer Arthritis.

Alarmsignal Sehverlust

Natürlich ist auch das Sehen von Bedeutung: Plötzlicher Sehverlust an einem Auge für wenige Minuten kann ein Warnschuss für eine häufige Rheumaerkrankung bei Älteren sein, der Riesenzellarteriitis (Polymyalgia rheumatica). Meist sind Menschen deutlich über 50 Jahren betroffen. Es handelt sich bei diesen Erkrankungen um eine Gefäßentzündung der das Hirn versorgenden Arterien.

Aber auch andere Arterien können sich entzünden, etwa Gefäße, die die Arme versorgen, oder Arterien im Bauchraum. Langsame Sehverschlechterung inklusive einem vorzeitigen grauen Star können eine Nebenwirkung von Kortison sein. Der grüne Star, also ein zu hoher Augeninnendruck, tritt zum Beispiel in Folge einer Entzündung im vorderen Augenabschnitt auf. Das sehr trockene Auge, das ständig mit Tropfen oder Salben behandelt werden muss, damit die chronische Bindehautentzündung gebremst wird, kann Ausdruck einer Autoimmunerkrankung sein, zum Beispiel dem Sjögren-Syndrom.

Die Lunge

Viele Fragen zielen auf eine etwaige Beteiligung der Lunge ab: Haben Sie ständigen, chronischen Husten? Leiden Sie unter Atemnot auch schon bei geringer Belastung? Wie viele Stufen können Sie eine Treppe hinaufgehen, bevor Sie pausieren müssen? Hatten oder haben Sie Asthma? Haben Sie Schmerzen beim tiefen Einatmen?

Das Rauchen ist dabei von besonderer Bedeutung, denn jenseits von dem Risiko für die bekannten Erkrankungen, die auf jeder Zigarettenschachtel abgebildet sind, ist das Rauchen für Rheumabetroffene extrem schädlich: Unabhängig vom Nikotin führen Bestandteile des Zigarettenrauchs dazu, dass die Flimmerhärchen in den Bronchien absterben. Diese sind jedoch zuständig für die Reinigung der Luftröhren.

Das Immunsystem attackiert Bestandteile dieser sterbenden Zellen, einer der Gründe für die Entstehung und das Fortschreiten entzündlicher Rheumaerkrankungen. Rauchen und Rheuma vertragen sich nicht! Raucher erkranken häufiger an entzündlich-rheumatischen Erkrankungen als Nichtraucher. Außerdem verlaufen Rheumaerkrankungen bei Rauchern oft schwerer und sind schwerer zu behandeln. Die Konsequenz muss jeder für sich selbst ziehen. Die Lunge ist häufiges Zielorgan von autoimmunen Prozessen. Verschlechtert sich die Lungenfunktion, was man anhand der oben gestellten Fragen schnell selbst überprüfen kann, ist Feuer auf dem Dach und es muss alles versucht werden, diese Entzündung in den Griff zu bekommen.

Das Herz

Eng mit der Lunge ist das Herz verbunden. Dazu fragt der Rheumatologe nach dem Blutdruck: Ist ein hoher Blutdruck bekannt? Seit wann und wie wird er behandelt? Spürt der Betroffene bei Belastung oder in Ruhe ein Druckgefühl in der Brust, das in den Hals oder linken Arm ausstrahlt? Dies ist ein wichtiges Anzeichen für eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße, auch koronare Herzkrankheit genannt. Müssen Sie nachts häufig aufstehen, um auf die Toilette zu gehen? Schwellen die Beine abends an? Diese Fragen zielen auf eine etwaige Herzschwäche ab, auch Herzinsuffizienz genannt.

Gibt es einen unregelmäßigen Herzschlag? Sind schon mal plötzliche Schwindelanfälle oder eine Ohnmacht aufgetreten? Das können Anzeichen für Rhythmusstörungen sein. Tipp: Fühlen Sie den Puls bei solchen Zuständen. Das geht gut oberhalb vom Daumen am Handgelenk auf der Innenseite. Ist der Puls in solchen Situationen sehr schnell oder sehr langsam? Wie viel Pulsschläge pro Minute können Sie zählen, ist der Puls regelmäßig? Das Herz kann in mannigfaltiger Weise bei entzündlichen Rheumaerkrankungen betroffen sein, etwa bei  Herzbeutelentzündung bei Lupus erythematodes. Durchblutungsstörungen des Herzens können bei jeder entzündlichen Rheumaerkrankung auftreten. Diese können wiederum zu Rhythmusstörungen und Herzschwäche führen. Auch dafür ist die körperliche Belastbarkeit ein Maßstab: Wie leistungsfähig sind Sie beim Treppensteigen oder Bergaufgehen?

Der Verdauungstrakt

Das nächste Organ ist der Verdauungstrakt, also Magen, Darm und Bauchspeicheldrüse. Der Rheumatologe fragt nach Übelkeit und Brechreiz, Bauchschmerzen abhängig und unabhängig vom Essen. Haben Sie Durchfall, also mehrere flüssige Stuhlgänge pro Tag oder sogar in der Nacht über mehrere Tage oder länger? Hatten Sie schon mal Blut im Stuhl? Wechseln Verstopfung und Durchfall einander ab? All das sind Hinweise auf entzündliche Darmerkrankungen, die zu der schon genannten Gruppe der Spondyloarthritiden gehören.

Wesentlich häufiger sind aber Unverträglichkeiten von Lebensmitteln oder gar Magengeschwüre durch die dauerhafte Einnahme von Schmerzmedikamenten. Möglich sind auch kleine Ausstülpungen der Darmwand im Dickdarm, Divertikel genannt. Entzündet sich das Darmgewebe, spricht man von Divertikulitis. Nicht jede Verdauungsstörung hat mit Rheuma zu tun, doch treten Magen-Darm-Probleme häufig als Nebenwirkung wichtiger Medikamente zur Behandlung von entzündlichen Rheumaerkrankungen auf. Deshalb sind diese Fragen auch für den Verlauf einer bekannten Rheumaerkrankung von großer Bedeutung.

Weitere innere Organe

Anzeichen für Erkrankungen an Leber, Galle oder Bauchspeicheldrüse überschneiden sich oft mit denen vom Magen-Darm. Oft sind nur bekannte Laborveränderungen der Leberwerte ein Hinweis auf eine rheumatische Ursache, ohne dass viele Beschwerden damit verbunden sind. Dazu können zum Beispiel Gelbsucht (Hepatitis) gehören, aber auch eine  Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder Koliken (auf- und abschwellende Bauchschmerzen).

Bestimmte Krebsarten treiben ebenfalls dort ihr Unwesen, manche davon kommen bei Rheumaerkrankungen häufiger vor. Die nächste Organgruppe betrifft die Niere, Blase und Harnröhre. Rheumatologen interessiert daran vor allem eine bekannte Nierenfunktionsstörung, ein neu aufgetretener hoher Blutdruck, Brennen beim Wasserlassen, schäumender Urin und besonders der Nachweis von Blut im Urin.

Die Niere kann Zielort einer ganzen Reihe von entzündlichen Rheumaerkrankungen sein. Meist verlaufen sie schmerzlos und unbemerkt. Deshalb ist es wichtig, dass der Rheumatologe den Urin nicht nur in Hinblick auf eine entzündliche Rheumaerkrankung untersucht, sondern auch auf Zeichen etwaiger Nebenwirkungen von Rheumamedikamenten checkt. Ist die Niere betroffen, hat das Konsequenzen für die Therapie, denn die Niere ist ein überlebensnotwendiges Organ!

Nur für Frauen

Bei Frauen ist die Frage nach gynäkologischen Problemen für Rheumatologen wichtig. Die Zahl der Schwangerschaften, vor allem die Zahl der spontanen Aborte, also vorzeitig ungewollt beendete Schwangerschaften, spielen eine wichtige Rolle bei bestimmten Autoimmunerkrankungen. Manchmal ist diese Information ausreichend, genauer nach diesen Erkrankungen zu forschen und vor allem spezielle Blut-Labortests anzufordern.

Der Zeitpunkt der Menopause (Verlust der Periodenblutung) spielt für die Diagnose einer Osteoporose eine Rolle. Verstärkte Periodenblutungen könnten mit dem Gerinnungssystem in Verbindung stehen, das wiederum enge Verbindungen zu entzündlichen Rheumaerkrankungen hat. Auch etwaige Thrombosen oder Embolien sind dabei von großer Bedeutung.

Die Haut

Die Haut reagiert häufig bei entzündlichen Rheumaerkrankungen sichtbar mit. Die Frage nach einer Schuppenflechte, Psoriasis, ist von großer Bedeutung, weil die Mitbeteiligung der Gelenke und Wirbelsäule bei dieser Erkrankung fast alle entzündlichen Rheumaerkrankungen nachahmen kann. Es ist ein wichtiger Hinweis für diese Form der Erkrankung, dass in den Laborwerten manchmal keine Entzündung nachzuweisen ist und die üblichen Rheumatests alle negativ ausfallen. Es geht nicht nur darum, ob der Betroffene selbst eine Psoriasis hat, sondern auch darum, ob in der Familie diese Erkrankung bekannt ist.

Diese familiäre Häufung gibt es nicht nur bei der Psoriasis und damit der Gruppe der Spondyloarthritiden, sondern auch bei vielen andere Rheumaerkrankungen, zum Beispiel bei der Gicht. Fast alle Autoimmunerkrankungen zeigen Hautveränderungen. Am häufigsten ist das Phänomen der Blau-/ Weißverfärbung einzelner Finger oder Zehen unter Kälte vor allem bei jungen Frauen. Im Zweifel sollten Hautärzte beziehungsweise Rheumatologen etwaige Hauterscheinungen und ihre Bedeutung für rheumatische Erkrankungen beurteilen, wenn ihnen diese auffallen.

Autor: Prof. Stefan Schewe ist internistischer Rheumatologe in München und Ebersberg. Er ist ärztlicher Berater und Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga.

Ratgeber der Deutschen Rheuma-Liga

Rheumatoide Arthritis, Fibromyalgie, Osteoporose: Die Deutsche Rheuma-Liga hat viele Ratgeber zu rheumatischen Erkrankungen und zum Alltag mit Rheuma veröffentlicht. Diese können Sie bei den Landes- und Mitgliedsverbänden und im Publikationsshop auf der Internetseite bestellen.

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