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Weiße Finger: Das Raynaud-Syndrom – Ursachen, Diagnose, Therapie

Nicht wenige Menschen mit Rheuma leiden am Raynaud-Syndrom. Dabei werden einzelne Fingerkuppen oder auch die Finger bei Kälte weiß und taub. Auch die Zehen und sogar die Nase oder Ohren können betroffen sein.

Was ist das Raynaud-Syndrom?

Unter dem Raynaud-Phänomen versteht man das anfallsartige Auftreten einer scharf begrenzten Weißfärbung eines oder mehrerer Finger beziehungsweise Zehen. Seltener sind ganze Hände, Füße, die Nase oder sogar die Knie betroffen. Ursache ist ein sogenannter arterieller Vasospasmus (Gefäßkrampf).

Ursachen des Raynaud-Syndroms

Das Raynaud-Phänomen kann ohne Grunderkrankung auftreten, dann spricht man von einem primären Raynaud-Phänomen. Ein sekundäres Raynaud-Phänomen liegt vor, wenn eine andere Erkrankung die Symptome verursacht. Dazu gehören Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis, aber auch Kollagenosen oder Vaskulitiden.

Neben entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kommen auch neurologische, neurovaskuläre Erkrankungen sowie Erkrankungen des Blutes infrage. Möglich sind aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten, etwa von Betablockern oder Migränemitteln sowie von Drogen. Äußere Einwirkungen wie ständige Erschütterungen, etwa beim Umgang mit einem Presslufthammer, kommen ebenfalls infrage.

Die Daumen und die großen Zehen sind seltener betroffen als die übrigen Finger und Zehen. Die Patienten beschreiben das Aussehen der Finger beziehungsweise Zehen zu Beginn des Anfalls als „wie abgestorben“, die Haut färbt sich weiß. Im weiteren Verlauf kann eine blau-lila Färbung auftreten, weil der Blutfluss verlangsamt ist. Das Ende des Anfalls zeigt sich durch einen hellroten Farbton, weil das Gewebe nun verstärkt durchblutet wird. In der Regel empfinden Betroffene während des Anfalls Schmerzen. Stehen die Schmerzen im Vordergrund, so ist es wahrscheinlicher, dass es sich um ein sekundäres Raynaud-Phänomen handelt.

Die Dauer eines Anfalls kann wenige Minuten bis hin zu Stunden betragen. Auch die Häufigkeit ist unterschiedlich – von ein bis zwei Attacken pro Jahr bis hin zu mehreren Anfällen täglich. Zwischen den einzelnen Attacken gibt es oft keinerlei Auffälligkeiten, manche Betroffene schwitzen jedoch verstärkt an betroffenen Extremitäten. Wenn ein Finger nach kurzer Zeit nicht wieder rosig ist, sollte auch bei bekanntem Raynaud-Phänomen nochmals dringlich eine ärztliche Untersuchung erfolgen.

Vorsicht, Temperaturwechsel!

Was löst Raynaud-Anfälle aus? Betroffene beschreiben Kälte oder Feuchtigkeit sowie Stress als Auslöser. Dabei ist mit Kälte weniger die absolute Temperatur gemeint, sondern vielmehr der relative Temperaturunterschied. So ist der kühlere Winter oft weniger problematisch als wechselnde Temperaturen im Frühling und im Herbst oder der Wechsel von der Raumtemperatur nach draußen.

Die meisten von einem primären Raynaud-Phänomen Betroffenen haben erstmals zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr Symptome. Kinder und ältere Menschen können ebenfalls betroffen sein, insbesondere, wenn eine Grunderkrankung vorliegt, die ein Raynaud-Phänomen begünstigt. Frauen sind viermal häufiger als Männer betroffen. Das primäre Raynaud-Phänomen tritt familiär gehäuft auf. Die Entstehung des Phänomens liegt noch im Dunkeln.

Normalerweise gibt es eine fein abgestimmte Kontrolle für die Spannung der glatten Muskulatur, die die Blutgefäße umschließt. Die zugehörigen Botenstoffe und ihr Zusammenspiel werden zurzeit erforscht. 

Raynaud-Syndrom: So verläuft die Diagnose

Da viele Ursachen für ein sekundäres Raynaud-Phänomen infrage kommen, besteht der erste Schritt in einer möglichst exakten Beschreibung der Symptome. Der Hinweis auf kalte Finger oder Zehen reicht nicht aus!

Deuten die Symptome auf ein Raynaud-Phänomen hin, muss zunächst geklärt werden, ob eine weitere, möglicherweise rheumatische Erkrankung dahintersteckt – oder ob es sich um ein primäres Raynaud-Syndrom handelt. Dazu gehört eine gründliche Eigen- und Familienanamnese, die gezielte Frage nach Hautveränderungen, Muskel- oder Gelenkbeschwerden sowie nach Symptomen, die auf Autoimmunkrankheiten hinweisen können. Weitere Fragen zielen auf Risikofaktoren für eine arterielle Gefäßerkrankung sowie neurologische oder neurovaskuläre Erkrankungen ab sowie auf Medikamente, Rauchen oder Drogenmissbrauch.

Zur Anamnese gehören auch Fragen nach beruflichen oder privaten Tätigkeiten.

Körperliche Untersuchung

Ziel der körperlichen Untersuchung ist es, Zeichen einer zugrunde liegenden beziehungsweise assoziierten Erkrankung im Sinne des sekundären Raynaud-Phänomen zu entdecken. Deshalb sollten Blutdruck und Puls an beiden Armen sowie der Body-Mass-Index ermittelt werden. Abhängig von der Wahrscheinlichkeit eines sekundären Raynaud-Phänomens kann eine vollständige internistisch-rheumatologische Untersuchung sinnvoll sein. Darüber hinaus ist bei Verdacht auf eine sekundäre Erkrankung ein dermatologischer Check der gesamten Haut einschließlich der sichtbaren Schleimhäute sowie eine zumindest orientierende neurologische Untersuchung angezeigt.

Im praktischen Alltag hat sich die Inspektion der Hände als besonders hilfreich erwiesen, da sich hier am deutlichsten Hinweise für möglicherweise zugrundeliegende Autoimmunkrankheiten finden. Tritt die Symptomatik bei bestimmten Haltungen auf, etwa beim Drehen/Neigen des Kopfs oder beim Tragen von Lasten, sollten Probleme am Schultergürtel als Ursache ausgeschlossen werden.

Check im Labor

Beim primären Raynaud-Phänomen sind die Ergebnisse sämtlicher laborchemischer Untersuchungen per Definition unauffällig. Bei Verdacht auf eine sekundäre Erkrankung können neben dem großen Blutbild eine ganze Reihe von Markern und Werten im Blut bestimmt werden sowie eine Untersuchung des Urins erfolgen. 

Kapillarmikroskopie des Nagelfalzes

Die mikroskopische Analyse der Haargefäße (Kapillaren) im Nagelfalz unterhalb des Nagels ist eine wertvolle Untersuchungsmethode, um Hinweise auf eine Kollagenose als Ursache eines sekundären Raynaud-Phänomens zu finden. Beim primären Raynaud-Phänomen tritt zwar häufig ein gestörter Blutfluss auf. Doch wesentliche Abweichungen von der üblichen Haarnadelform sind selten und die Dichte der Haargefäße ist normal.

Bei einer Kollagenose liegen oft vergrößerte, erweiterte und deformierte Kapillarschlingen vor, und es sind weniger Blutgefäße vorhanden. Die Kapillarmikroskopie kann das Auftreten einer Kollagenose gut vorhersagen, bevor sich Symptome zeigen. Dagegen hat die Entnahme und Analyse einer Gewebeprobe (Biopsie) meist nur wenig Aussagekraft und erfolgt nur in Ausnahmen. Unter Umständen ist es ratsam, die Blutgefäße mittels Ultraschall oder mit Kontrastmittel angiografisch zu untersuchen. Diese Bildgebung kann auch Konsequenzen im Hinblick auf die Therapie haben.

Rheuma und Raynaud

Autoimmunkrankheiten sind eine häufige Ursache eines sekundären Raynaud-Phänomens. Bis zu 90 Prozent der Patientinnen und Patienten mit einer systemischen Sklerose haben ein Raynaud-Phänomen als erstes Symptom oder bekommen es im Verlauf der Erkrankung. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen bleibt das Raynaud-Phänomen für viele Jahre die einzige Krankheitsmanifestation.

Die Häufigkeit des Raynaud-Phänomens bei systemischem Lupus erythematodes beträgt 20 bis 60 Prozent, bei Dermatomyositis etwa 30 Prozent. Sollten die Kapillarmikroskopie auffällig und die Antinukleären Antikörper (ANA) deutlich erhöht sein, entwickeln drei von vier Betroffenen in den nächsten Jahrzehnten eine Autoimmunerkrankung. Ist beides unauffällig, liegt das Risiko deutlich unter fünf Prozent.

Raynaud als Berufskrankheit

Einen besonderen Stellenwert haben chronische Erschütterungen als Ursache eines Raynaud-Phänomens. Bislang galten vor allem niedrigfrequente Vibrationen wie Presslufthammer, Schlagbohrmaschinen oder Kettensägen als besondere Risikofaktoren. Doch offenbar sind auch hochfrequente Vibrationen problematisch, wie sie bei chirurgischen oder zahnärztlichen Instrumenten entstehen. Medikamente als Auslöser werden in aller Regel unterschätzt – das gilt vor allem für den häufigen Einsatz von Betablockern und Migränetherapeutika.

Wer beruflich mit Vinylchlorid hantiert hat, kann ebenfalls ein Raynaud-Phänomen entwickeln. Aber auch Drogen und vor allem Nikotin beeinflusst die Gefäßmuskulatur. 

Therapie: Was kann gegen das Raynaud-Syndrom helfen?

Die Therapie besteht nach Möglichkeit in der Vermeidung der auslösenden Ursache und einem größtmöglichen Schutz vor Kälte. Geeignete Hilfsmittel sind dabei warme, nicht einengende Handschuhe, Muffs, Taschenöfen und kleine Wärmekissen für Handschuhe und Schuhe. Solche Wärmehilfen erhält man zum Beispiel in Jagd- oder Campinggeschäften. Aber auch der ganze Körper sollte vor dem Auskühlen geschützt werden. Sehr wirksam sind warme Handbäder in Rapssamen, in ein Säckchen eingenähte und in der Mikrowelle erhitzte Kirschkerne, das Kneten warmen Paraffins im Rahmen der krankengymnastischen oder ergotherapeutischen Betreuung sowie autogenes Training, Biofeedback und andere Entspannungstechniken.

Vor beziehungsweise nach einer unvermeidlichen Kälteexposition sollten die Hände gut aufgewärmt werden (nicht mit Wasser). Wichtig ist auch ein regelmäßiges Gefäßtraining (Gymnastik, Wechselbäder), Sport, Massieren der Finger und eine gute Hautpflege (einfetten!). Nikotin ist streng untersagt – auch Passivrauchen. Stress kann ebenfalls Gefäßverengungen begünstigen. Wer am Arbeitsplatz stetig Kälte und Nässe ausgesetzt ist, sollte über einen Jobwechsel nachdenken. Warme Getränke und wärmende Speisen können von innen helfen.

Letzte Wahl: Medikamente

Erst wenn diese allgemeinen und nebenwirkungsfreien Maßnahmen nicht ausreichend sind und Nekrosen (offene Finger) oder nicht heilende Wunden drohen oder entstehen, kommen Medikamente zum Einsatz. Das Problem bei Medikamenten ist die Tatsache, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in der Regel Nebenwirkungen haben. Zu den Präparaten gehören in erster Linie die Kalziumantagonisten, etwa die Wirkstoffe Verapamil oder Nifedipin.

Vor allem Nifedipin verursacht häufig Kopfschmerzen, außerdem treten Wassereinlagerungen, Hautrötung, Schwindel, Blutdruckerniedrigung oder Verdauungsprobleme auf. Alternativ kommen ACE-Hemmer und Prostaglandin-Analoga zum Einsatz. Verengen sich große Blutgefäße, kommt eine Operation oder Weitung der Gefäße per Katheter infrage sowie eine Blockade der Nerven, die für die Gefäßkrämpfe mitverantwortlich sind. Bei sehr starker Ausprägung mit drohendem Verlust der Finger stehen ergänzend zur Therapie der Grunderkrankung Medikamente (Infusionen, Tabletten) zur Verfügung, die die Durchblutung erhöhen und die Bildung neuer Geschwüre verhindern können.

Infusionen, etwa mit Iloprost, wirken schnell, machen aber häufig einen stationären Aufenthalt erforderlich. Sogenannte Endothelin-Antagonisten wie Bosentan stehen als Tabletten zur Verfügung, eine engmaschige ambulante Kontrolle ist jedoch nötig. Auch Sildenafil erweitert die Blutgefäße, hat jedoch keine Zulassung für die Anwendung beim Raynaud-Phänomen.

Autor

Dr. Oliver Sander. Der Privatdozent ist Internistischer Rheumatologe und Oberarzt der Klinik für Rheumatologie an der Universitätsklinik Düsseldorf.

Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 4-2023. Sechs Mal im Jahr erhalten nur Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift (jetzt Mitglied werden).