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ACR-Kongress: Neuigkeiten aus der Rheumaforschung

Vom 10. bis 15. November 2023 tagte der Kongress der amerikanischen Gesellschaft für Rheumatologie (American College of Rheumatology, kurz: ACR) in San Diego.

Beim Kongress der amerikanischen Gesellschaft für Rheumatologie gab es einige interessante Neuigkeiten aus der Rheumaforschung. Ein Überblick

Der Kongress der amerikanischen Gesellschaft für Rheumatologie (American College of Rheumatology, kurz: ACR) tagte in San Diego (10. bis 15. November 2023). Über 9.000 Teilnehmende waren nach Kalifornien gereist, weitere 4.300 schalteten sich online dazu. Insgesamt waren 104 Länder vertreten und tauschten sich in 450 wissenschaftlichen Sitzungen über neue und wichtige Erkenntnisse der Rheumatologie aus.

Prof. Stefan Schewe war online dabei und präsentiert interessante Neuigkeiten.

Übergewicht verschlechtert Schmerzen und Therapie bei RA

Gleich zwei Studien verwiesen auf die schädlichen Folgen von Übergewicht bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Eine Studie aus den USA zeigte, dass Übergewicht – errechnet anhand des Body-Mass-Indexes, also dem Verhältnis von Gewicht zur Größe – und Adipositas zu häufigeren Schüben von rheumatoider Arthritis (RA) und zu geringerer Lebensqualität führt.

Die Untersuchung erfolgte an 134 RA-Betroffenen, 46 Prozent von ihnen waren übergewichtig, 85 Prozent waren weiblich, 71 Prozent weiß. Alle hatten ihre
Erkrankung erst seit einem oder zwei Jahren. Die Skalen für Schmerz und Müdigkeit waren besonders auffällig. Zwischen Männern und Frauen, Herkunft, Alter oder Aktivität der Erkrankung gab es keinen Unterschied.

Fazit: Das erhöhte Risiko für Rheumaschübe und verminderte Lebensqualität für Betroffene mit Übergewicht ist schon länger bekannt. Diese Studie zeigt jetzt, dass das Ausmaß des Übergewichts eine entscheidende Rolle spielte; je mehr Übergewicht umso höher ist das Risiko. Umgekehrt kann man daraus den Schluss ziehen, dass jede Gewichtsabnahme bei
übergewichtigen RA-Betroffenen die Schubhäufigkeit senkt und die Lebensqualität insbesondere in Bezug auf Schmerzen und Müdigkeit verbessert. Dies scheint vor allem zu Beginn der Erkrankung wichtig zu sein. (0397).

Darüber hinaus verschlechtert Übergewicht die Wirksamkeit antientzündlicher Therapien Forschende aus Skandinavien analysierten dazu die Daten von Betroffenen mit früher RA, die mit vier unterschiedlichen Therapien behandelt wurden. Ergebnis: RA-Betroffene mit starkem Übergewicht, also einem Body-Mass-Index über 30, hatten in dieser Studie zwar keine höhere Krankheitsaktivität. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach 24 Wochen Therapie auf die jeweiligen Medikamente ansprechen, war geringer – unabhängig von der Art der Therapie.

Fazit: Wir wissen schon länger, dass stark übergewichtige RABetroffene auf eine antientzündliche Therapie vor allem mit Methotrexat (MTX) schlechter ansprechen als Betroffene mit niedrigerem Gewicht. Offenbar vermindert Übergewicht auch die Wirksamkeit anderer Therapien. (0406)

Magenschutz hat auch Nebenwirkungen

Protonenpumpenhemmer bremsen die Ausschüttung von Magensäure und werden als Magenschutz häufig verschrieben, wenn Betroffene mehrere Medikamente erhalten. Offenbar haben diese Präparate aber auch eine Wirkung auf die Knochen, vor allem in Kombination mit Kortison: Dieses Arzneiduo reduzierte nachweislich die Knochendichte, wenn auch nicht die Knochenarchitektur. Das zeigte eine Querschnittstudie aus Berlin.

Die Langzeittherapie von Protonenpumpenhemmern und Kortison wurde erfasst und die Knochendichte mit der sogenannten DXA-Methode am Oberschenkelhals und an der Lendenwirbelsäule gemessen. Zusätzlich gab es ein Verfahren, um die Knochenstruktur zu analysieren.

Fazit: Wer Kortison erhält, braucht nicht automatisch zusätzlich einen Magenschutz. Dies gilt nur für Betroffene, die zusätzlich nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen, Diclofenac oder Ähnliches gegen Schmerzen einnehmen. Ansonsten führt die Langzeiteinnahme eines Magenschutzes unter anderem zu einer Verminderung der Knochendichte. Es gilt daher, ihren Einsatz genau abzuwägen und sie nicht automatisch zu verschreiben. (2531)

MTX-Tabletten: Dosis besser aufteilen?

Möglicherweise wirken MTX-Tabletten bei RA signifikant besser, wenn man die wöchentliche Gabe auf zwei Dosen aufteilt: morgens 15 und abends zehn Milligramm. Das zeigt eine randomisierte klinische Studie aus Indien. Die Nebenwirkungsrate war vergleichbar, die Leberwerte etwas erhöht, während sich die Werte nach dem Krankheitsaktivitätsindex DAS28 sowie nach Erfolgskriterien des American College nachweislich verbesserten. Als Vergleich diente die einmalige Gabe von 25 Milligramm. Die randomisierte Studie erfolgte
multizentrisch an 253 RA-Betroffenen, die im Schnitt 2,1 Jahre an RA litten. 83 Prozent von ihnen waren Frauen. 

Fazit: In Deutschland startet die MTX-Therapie meist mit der Verabreichung als Spritze unter die Haut. Die Aufteilung der oralen MTX-Dosis ist schon länger eine Option, wenn zu viel Übelkeit auftritt und Folsäure nicht ausreichend hilft. Ob sich die Verhältnisse aus Indien auf Betroffene hierzulande übertragen lassen, bleibt allerdings abzuwarten. Die Aufteilung von MTX-Tabletten sollte aber auch aus wirtschaftlichen Gründen häufiger ausprobiert werden. (1583)

Gicht: Harnsäurewerte konsequent therapieren

Bei Gichtpatienten ist es wichtig, Zielkriterien der Harnsäuresenkung durch harnsäuresenkende Medikamente wie Allopurinol oder Febuxostat auch tatsächlich zu erreichen. Ansonsten treten deutlich häufiger Gichtanfälle auf, die manchmal auch zur Notwendigkeit einer stationären Aufnahme führen. Das ist das Ergebnis einer Analyse von Unterlagen zu 3.613 Gichtpatienten aus den Jahren 2006 bis 2010 aus Großbritannien, die dort von Allgemeinärzten betreut wurden. Die Analyse erfolgte in den USA.

Fazit: Laut Leitlinien in Deutschland und den USA sollte die Harnsäure im Blut unter sechs Milligramm pro Deziliter bei Gicht gesenkt werden, beim Vorhandensein von Gichtknoten sogar unter fünf Milligramm pro Deziliter, damit sich diese Knoten über Jahre auflösen können. In der Praxis erfolgt dies jedoch zu selten. (1120) 

Kinder und Jugendliche unbedingt gegen HPV impfen

Mädchen zwischen neun und 14 Jahren und vor ihrem ersten Sexualkontakt sollten sich gegen Humane Papillomaviren (HPV) impfen lassen. Das schützt sie vor Genitalwarzen und Krebs am Muttermund und Gebärmutterhals. Laut einer Studie wird diese Impfung bei jungen Rheumabetroffenen oft vernachlässigt: Laut Registerdaten waren von 534 jungen Rheumapatientinnen im Alter zwischen 16 und 22 Jahren aus New York nur etwa die Hälfte gegen HPV geimpft. Wer sich gegen Grippe und dreifach gegen Covid-19 hatte impfen lassen, war mit höherer Wahrscheinlichkeit auch gegen HPV geimpft. Insbesondere für Frauen mit systemischem Lupus erythematodes ist das Risiko für Gebärmutterhalskrebs
deutlich erhöht.

Fazit: Die HPV-Impfung wird in den USA und in Deutschland stiefmütterlich behandelt, obwohl sie praktisch keine Nebenwirkungen hat und hocheffektiv vor der vierthäufigsten Krebserkrankung bei Frauen schützt. Die Impfung sollte vor dem 18. Lebensjahr erfolgen. Auch junge Männer können sich  so vor Peniskrebs schützen. (1351)

Arthroseschmerz vor Operation genau analysieren

Bei Betroffenen mit Hüft- oder Kniearthrosen zeigten etwa ein Drittel der Betroffenen neuropathische oder neuroplastische Schmerzen, also Störungen der Schmerznervenleitung, beziehungsweise Probleme der Schmerzverarbeitung im Gehirn. Beide Schmerzarten entstehen anders als die vom Arthrosegelenk verursachten Schmerzen, die an lokalen Schmerzrezeptoren entstehen.

In der Studie aus den USA wurden 89 Betroffene genau nach Schmerzmechanismen über bekannte Schmerzfragebögen vor ihrer Operation befragt. 18 davon hatten Schmerzen am ganzen Körper, acht Prozent Fibromyalgie, 38 Prozent hatten mehr als nur lokal ausgelöste Schmerzen. Die Ergebnisse waren unabhängig vom Geschlecht, Körpergewicht und von der Art der Arthrose.

Fazit: Nachdem wir wissen, dass die Wirksamkeit der Operation der Arthrose bezüglich Schmerzlinderung entscheidend davon abhängt, ob nur lokale Schmerzen im Gelenk oder
darüber hinausgehende Schmerzen vorhanden sind, zeigt die Studie, dass vor einem Eingriff die Schmerzanalyse und gegebenenfalls die Behandlung der jeweiligen Schmerzkomponente
wichtig ist. (1189)

Lieber Muskeln aufbauen statt Pillen schlucken

Die Langzeiteinnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac führt über 2,5 bis über fünf Jahre zu signifikant mehr Schmerzen, größere  Behinderung, größerer Steifigkeit und mehr Gelenkschädigung bei Kniearthrose.

In diesen Fällen wird zudem häufiger eine Knietotalendoprothese nötig. Zu diesem Schluss kommt eine australische Forschergruppe, die Daten von mehreren großen Verlaufsstudien einer Kniearthrose zusammenführte und sie in Bezug auf die Langzeiteinnahme von Schmerzmitteln hin analysierte. Sie fanden bei 435 Personen diese Langzeiteinnahme und verglichen sie mit den anderen 3.767 ohne Langzeiteinnahme.

Fazit: Eine Langzeiteinnahme von NSAR bei Kniearthrose ist eher schädlich und sollte möglichst vermieden werden. Inwieweit das für andere Schmerzmedikamente gilt, wird in der Studie nicht berichtet. Zentral für den Erfolg in der Therapie der Kniearthrose ist die Bewegung und das Auftrainieren der Oberschenkelmuskulatur, nicht die Schmerztherapie. (1196)

Wie gesund ist Radfahren für die Knie?

Ist Radfahren bei bekannter Kniearthrose mit Schmerzen und im Röntgenbild erkennbarer Schädigung des Kniegelenks eher gut oder schlecht für den Langzeitverlauf der Arthrose? Diese Frage untersuchte eine US-Forschergruppe und analysierte dazu Daten von 1.203 Betroffenen im Alter von über 50 Jahren über acht Jahre hinweg.

Wer schon eine Operation hatte, wurde ausgeschlossen Röntgenbilder wurden zu Anfang und nach 48 Monaten beurteilt. Radfahren wurde von den Betroffenen per Fragebogen selbst bewertet. 20 Prozent der Betroffenen gaben an, regelmäßig zu radeln, darunter mehr Männer.

Ergebnis: Weder der Schmerz noch die Funktion der Kniegelenke änderte sich über diese lange Zeit, noch gab es Hinweise auf mehr Schädigung im Gelenk durch das Radfahren.

Fazit: Trotz nachweisbarer Schädigungen des Kniegelenks im Röntgenbild ist Radfahren über lange Zeit nicht schädlich für das Knie und verstärkt nicht die Schmerzen. Allerdings bleibt die Frage unbeantwortet, warum sich bei den regelmäßigen Radlerinnen und Radlern die Schmerzen nicht verbesserten, zumal sich die Belastung der Knie etwa durch Gangschaltung oder Verwendung eines E-Bikes gut steuern lässt. (1198)

Kolchizin bei Arthrose?

Das Medikament Kolchizin kann bei Gicht und Pseudogicht die Entzündung durch Kristallablagerungen lindern. Diese Studie untersuchte, ob es sich auch bei Kniearthrose eignet. Die Probandinnen oder Probanden waren über 40, übergewichtig und erhielten keine nichtsteroidalen Antirheumatika gegen ihre Schmerzen. Ein Teil bekam Kolchizin, ein anderer ein wirkstofffreies Scheinpräparat.

Eine Zwischenauswertung bei 69 Betroffenen zeigt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Kolchizintherapie vor allem dann profitierten, wenn der Schmerz zu Beginn der Therapie besonders stark war und sich durch Kolchizin die Funktion des Gelenks und die Schwellung besserten.

Fazit: Dass auch bei der Arthrose Entzündungen eine Rolle spielen, ist schon länger bekannt. Kolchizin scheint hier eine positive Wirkung zu haben. Die Endergebnisse dieser Studie müssen noch abgewartet werden, aber das Medikament hat Potenzial. Nie vergessen sollte man, dass die nicht zu stark belastende Bewegung ein mindestens genauso wichtiges und wirksames Therapieprinzip darstellt. (1183) 

Hinweis: Mit den angegebenen Nummern kann man die englischsprachigen wissenschaftlichen Abstracts finden unter https://acrabstracts.org/search: einfach im Fenster „Search by Abstract Number“ die Nummer eingeben.

Autor: Prof. Stefan Schewe ist Internistischer Rheumatologe in München und Ebersberg und ärztlicher Berater der Mitgliederzeitschrift "mobil".

Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 2-2024. Sechs Mal im Jahr erhalten nur Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift (jetzt Mitglied werden).

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