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EULAR 2021: Neue Erkenntnisse aus der Rheumaforschung

Labor Forschung

Bei der digitalen, europaweiten EULAR-Konferenz gab es viele Neuigkeiten und Erkenntnisse über rheumatische Erkrankungen. Ein Überblick

Auch Passivrauchen erhöht Risiko für rheumatoide Arthritis

Rauchen begünstigt bekanntlich das Entstehen einer rheumatoiden Arthritis und verschlechtert die Wirksamkeit der Therapien. Gilt das auch für Passivrauch? Dieser Frage ging eine  epidemiologische Studie in Frankreich nach. Wissenschaftler betrachteten dazu seit 1990 gesunde Frauen, die in ihrer Kindheit mehrere Stunden pro Tag oder im Erwachsenenalter über eine Stunde pro Tag Tabakrauch ausgesetzt waren.

Ergebnis: Von knapp 80.000 Frauen erhielten im Verlauf von 11,7 Jahren 698 Frauen die Diagnose „rheumatoide Arthritis“. Davon waren 14 Prozent in ihrer Kindheit Passivrauch ausgesetzt, 54 Prozent im Erwachsenenalter. Acht Prozent waren in Kindheit und Erwachsenenalter von Rauchern umgeben. Die Auswertung zeigte, dass sowohl Passivrauch in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter das Risiko zwischen 20 und 40 Prozent erhöht. Forscher vermuten durch den Qualm chemische Veränderungen an bestimmten Eiweißmolekülen als Ursache.

Fazit: Kinder und Erwachsene sollten vor Passivrauch geschützt werden – vor allem, wenn in der Familie bereits Autoimmunerkrankungen aufgetreten sind.

Verschmutzte Luft begünstigt rheumatoide Arthritis

Welchen Anteil hat die Luftverschmutzung an der Verschlechterung von rheumatoider Arthritis (RA)? Dazu beobachteten italienische Forscher insgesamt 888 RA-Betroffene aus der Region Verona über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Wissenschaftler analysierten dabei die Daten für die gemessene Luftverschmutzung 30 und 60 Tage, bevor die Teilnehmer der Studie einen Krankheitsschub erlitten. Als Kontrolle diente der gleiche Zeitraum vor einer Periode, in der die Studienteilnehmer keine erhöhte Krankheitsaktivität hatten.

Ergebnis: Eine höhere Luftverschmutzung war mit höheren Entzündungswerten verbunden. Der Zusammenhang zeigte sich auch bei Luftverschmutzung unterhalb gesetzlicher Grenzwerte. In einer weiteren Studie analysierten die Forscher, wie gut 1.286 Betroffene mit chronisch entzündlicher Rheumaerkrankung auf Biologika ansprachen. Auch dabei zeigte sich ein schlechteres Ansprechen auf die Therapie bei höherer Luftverschmutzung.

Fazit: Für Luftverschmutzung könnte ein ähnlicher Zusammenhang gelten wie für Passivrauchen: Unabhängig von bisherigen Grenzwerten könnte schadstoffhaltige Luft Krankheitsschübe
auslösen und den Therapieerfolg verschlechtern.

Kinderrheuma: Die Schmerzen bleiben

Eine hochwertige Studie aus den Niederlanden betrachtete 92 Kinder und Jugendliche mit JIA über zwei Jahre hinweg und erfasste alle drei Monate die Schmerzen. Ein Teil der Kinder erhielt MTX, ein Teil MTX plus Kortison, eine dritte Gruppe bekam MTX und Etanercept. Alle drei Therapien senkten die Schmerzen im vergleichbaren Ausmaß von im Mittel 55,3 auf einen Wert von 19,5 auf einer Schmerzskala von 0 bis 100.

Fazit: Die Schmerzreduktion bei den Kindern gelingt gut mit jeder der antientzündlichen Therapien. Dennoch blieben Schmerzen bestehen, die sich allein durch Medikamente nicht weiter reduzieren lassen. Es braucht weitere zusätzliche Schritte zur Schmerzsenkung, die noch unklar sind.

Befeuert Entzündung die Demenz?

Eine epidemiologische Studie aus den USA an knapp 500 Betroffenen hat gezeigt, dass eine sogenannte seropositive rheumatoide Arthritis (RA) das Risiko für eine Demenz leicht erhöht. Eine seropositive RA besteht, wenn der Rheumafaktor und/oder positive CCP-Antikörper im Blut gefunden wurden. Die Einführung von Biologika und JAK-Inhibitoren verringerten das Risiko signifikant.

Fazit: Es spricht einiges dafür, dass die chronische Entzündung nicht nur das Arterioskleroserisiko, sondern auch die Anfälligkeit für Demenz erhöht. Eine effektive Therapie der Entzündung kann auch dieses Risiko vermindern.

Neue Option bei Riesenzellarteriitis

Der neue Antikörper Mavrilimumab kam in einer Studie unter spanischer Leitung erstmals zum Einsatz bei 70 Betroffenen mit Riesenzellarteriitis, davon 35 neu diagnostizierte Betroffene und 35, die schon länger mit der Erkrankung leben. Das Medikament reduzierte signifikant die Rate von Schüben, erhöhte die Zeit anhaltender Remission und konnte die Kortisondosierung über die Zeit deutlich verringern.

Der Antikörper wird alle 14 Tage unter die Haut injiziert. Vorteil: Anders als bei einer Therapie mit Tocilizumab zeigten sich etwaige Schübe auch durch einen Anstieg der Entzündungswerte. Das kann helfen, eine mögliche Verschlechterung frühzeitig zu erkennen. Die Erkrankung kann unter anderem zur Erblindung führen.

MTX: Kein Risiko für die Niere

Eine große Studie aus den USA nahm 2.391 Menschen unter die Lupe, die zwar nicht an Rheuma erkrankt waren, aber ein hohes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Durchblutungsstörungen bei bekannter koronarer Herzerkrankung hatten, an Diabetes litten oder das sogenannte metabolische Syndrom hatten. Darunter verstehen Ärzte eine Kombination aus Übergewicht, Diabetes, hohem Blutdruck und erhöhten Harnsäurewerten.

Als Therapie erhielten sie im Mittel 16 Milligramm Methotrexat (MTX) pro Woche und ein Milligramm Folsäure pro Tag, außer am Tag der  MTX-Einnahme. Die Frage war, ob eine Verminderung der Entzündung durch MTX im Vergleich zu Placebo diesen Hochrisikopersonen hilft. Die Betroffenen waren im Mittel 66 Jahre alt und hatten zu Beginn der Therapie eine normale Nierenfunktion. Während der zwei Jahre, die die Studie lief, hatten die Teilnehmer, die MTX erhielten, seltener ein akutes Nierenversagen als die Gruppe, die ein Scheinmedikament erhielt.

Fazit: MTX scheint die Nierenfunktion nicht zu beeinträchtigen. Im Gegenteil: Es wurde ein schützender Effekt nachgewiesen – ein sehr beruhigendes Ergebnis insbesondere für ältere Betroffene, die MTX erhalten.

Neue Option bei Psoriasis-Arthritis

Risankizumab ist ein sogenannter monoklonaler Antikörper, der seit 2019 für die schwere Psoriasis zugelassenen ist. Eine internationale Studie unter Federführung australischer Wissenschaftler an 443 Teilnehmern zeigte, dass dieses Präparat auch bei hochaktiver Psoriasis-Arthritis wirkt. Bei einem Teil der Probanden hatte zuvor eine Biologikatherapie versagt, andere hatten kein Biologikum erhalten. Risankizumab hatte einen positiven Effekt auf die Gelenke, auf die Haut und auf die Müdigkeit. Der Effekt auf die Haut war allerdings stärker als auf die Gelenke.

Fazit: Noch ist Risankizumab nur bei Psoriasis zugelassen, doch ist es sicherlich eine künftige Option für Betroffene mit Psoriasis-Arthritis. Das Nebenwirkungsrisiko ist überschaubar und vergleichbar zu anderen Biologika.

Polymyalgie: Abschied vom Kortison möglich?

Eine französische Studie hat den Verlauf der Behandlung von 34 Betroffenen mit Polymyalgia rheumatica betrachtet, die nach 2,5 Jahren im Mittel noch immer 16,8 Milligramm Prednisolon erhielten, teilweise mit MTX. Die Probanden bekamen alle vier Wochen eine Injektion mit Tocilizumab. Ergebnis: 76 Prozent konnten nach im Mittel 9,4 Monaten Kortison absetzen. 60 Prozent konnten später auch die Therapie mit Tocilizumab reduzieren. Bei sechs von 18 Betroffenen flammte die Erkrankung danach allerdings wieder auf.

Fazit: Die Polymyalgia rheumatica ist eine Erkrankung bei Älteren mit Gelenkschmerzen vor allem in beiden Schultern und hohen Entzündungszeichen im Labor, die unbehandelt zur Erblindung führen kann. Bislang ist Kortison das einzige Medikament, das die Entzündung eindämmen und den Sehverlust verhindern kann, hat aber starke Nebenwirkungen. Neben Methotrexat kann offenbar auch Tocilizumab dabei helfen, die Kortisontherapie zu verkürzen und die Dosierung zu reduzieren. Bislang ist Tocilizumab allerdings nur bei der verwandten Erkrankung Riesenzellarteriitis zugelassen.

Lungencheck bei Kollagenosen

In einer norwegischen Beobachtungsstudie aus Oslo untersuchten Forscher 525 Betroffene mit einer Kollagenose gleich zu Beginn mit einer hochauflösenden Computertomografie (CT), um eine etwaige Lungenbeteiligung festzustellen. Nach 4,5 Jahren gab es erneut eine hochauflösende CT. Je nach Ergebnis der Aufnahme wurden drei Gruppen gebildet: Betroffene ohne Lungenbeteiligung, subklinische Beteiligung (mit Veränderungen im CT, aber ohne Symptome) und klinisch nachweisbare Lungenbeteiligung. 38 Prozent der Betroffenen mit subklinischer Lungenbeteiligung und 51 Prozent mit klinisch manifester Lungenbeteiligung zeigten nach 4,5 Jahren deutlich schlechtere Ergebnisse beim Lungencheck.

Fazit: Betroffene mit Kollagenosen sollten zu Beginn der Erkrankung in Hinblick auf eine etwaige Lungenbeteiligung gründlich untersucht werden – auch, weil es heutzutage Therapien gibt, die das Voranschreiten verlangsamen können. Die Lungenbeteiligung ist ein Grund in dieser Patientengruppe für erhöhte Sterblichkeit.

Zucker im Blick bei JAK-Inhibitoren

Laut einer niederländischen Studie müssen RA-Patienten mit Diabetes ihre Zuckerwerte besonders gut im Blick behalten, wenn sie JAK-Inhibitoren bekommen: Forscher beobachteten vermehrte Unterzuckerung. Alarmzeichen sind zum Beispiel vermehrtes Schwitzen oder Schwindel.

Im Alter mehr Entzündungen

Berliner Forscher haben nachgewiesen, dass niedrigschwellige Entzündungen im höheren Alter zunehmen. Dazu können auch andere Faktoren außer dem Alter beitragen, etwa höheres Gewicht, chronische Infektionen, Isolation, Bewegungsmangel, Schlafprobleme und Umweltfaktoren. Als Konsequenz steigt mit höherem Lebensalter das Risiko für das sogenannte metabolische Syndrom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Depressionen, Muskelschwund, neurodegenerative Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen. Dies wird mit dem Begriff „Inflamm-Aging“ bezeichnet, einem Kunstwort aus den Englischen Begriffen für Entzündung und Altern. Zunehmendes Alter verändert zum Beispiel den Stoffwechsel von T-Zellen, was das erhöhte Auftreten von Autoimmunerkrankungen erklären könnte.

Was erhöht das Infektionsrisiko?

Eine Auswertung des deutschen RABBIT-Registers zeigt, dass das Infektionsrisiko bei einer Therapie mit Biologika oder JAK-Inhibitoren im Vergleich zu Methotrexat und anderen konventionellen Basismedikamenten nicht erhöht ist. Die Analyse umfasste 13.491 Betroffene mit rheumatoider Arthritis, die über 70 Jahre alt waren. Es zeigte sich, dass andere Faktoren eine größere Rolle für das Infektionsrisiko spielten, darunter Zusatzerkrankungen wie Diabetes mellitus sowie chronische Lungen- oder Nierenerkrankung. Die Therapie mit Kortison und ein aktives Krankheitsgeschehen – also schmerzende und geschwollene Gelenke – steigern ebenfalls die Neigung zu Infekten.

Fazit: Ältere Betroffene mit rheumatoider Arthritis, die Biologika oder JAK-Inhibitoren erhalten, müssen sich nicht um eine erhöhte Neigung zu Infekten sorgen. Wichtig ist, dass die Entzündung gut eingestellt ist und möglichst auf Kortison verzichtet wird.

Autor: Prof. Stefan Schewe ist internistischer Rheumatologe in München und Ebersberg, Vorstandsmitglied und ärztlicher Berater der Deutschen Rheuma-Liga.

Das ist die EULAR

Rheumatische Erkrankungen kennen keine Grenzen, und daher ist es sinnvoll, Kräfte zu bündeln und Empfehlungen über Ländergrenzen hinweg zu erarbeiten. Die EULAR hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensqualität von Rheumabetroffenen zu verbessern. Die Deutsche Rheuma-Liga ist Mitglied der EULAR.

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