• Jetzt spenden
  • Forum
  • Kontakt
  • Presse
  • Intranet
  • Newsletter
  • A A
    STRG + STRG -

    Sie können die Seite mithilfe Ihres Browsers größer oder kleiner anzeigen lassen. Verwenden Sie dafür bitte STRG + und STRG - .
    Mit STRG 0 gelangen Sie wieder zur Ausgangsgröße.

  • brightness_6
  • Instagram Logo
brightness_6 search menu
Bei der Nutzung der Vorlesefunktion werden Ihre IP-Adresse und die angezeigte Seite an readspeaker.com übertragen. Wenn Sie zustimmen, speichern wir Ihre Zustimmung in einem Cookie. Wenn Sie Ok auswählen, wird der Cookie akzeptiert und Sie können den Dienst nutzen.

Neues aus der Rheumatologie: Von Heilmitteln bis Operationen

DGRh-Kongress
(Foto: rheumaakademie/csb Leipzig)

Heilmittelverordnungen, Einfluss des Wetters auf Gelenkschmerzen, Lokaltherapie oder Operation: Beim DGRh-Kongress gab es wieder einige Neuigkeiten.

Der Rheumatologiekongress vereint stets die Tagungen dreier Fachgesellschaften: die der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie und der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie.

Mehr Betroffene mit rheumatischen Erkrankungen

Neuere Daten des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZs) zeigen, dass 2,2 bis drei Prozent der Erwachsenen in Deutschland eine entzündlich-rheumatische Erkrankung haben, bei Kindern und Jugendlichen sind es 0,1 Prozent. Das entspricht 1,5 bis 2,1 Millionen Erwachsenen beziehungsweise etwa 14.000 Kindern und Jugendlichen.

Gründe für den Anstieg seien die höhere Lebenserwartung, eine gesunkene Sterblichkeit und eine verbesserte Frühdiagnostik. Angesichts der älter werdenden Bevölkerung werden auch rheumatische Erkrankungen weiter zunehmen. Schon jetzt dauert es im Schnitt 18 Monate, bis ein Betroffener mit rheumatoider Arthritis einen Facharzt sieht. Bei Psoriasis-Arthritis sind es sogar 29 Monate, bei axialer Sponfünfeinhalb Jahre. Hinzu kommt, dass die Anfahrtswege zum Facharzt oft immens sind. Es ist jedoch schon lange bekannt, dass eine frühe Behandlung die Prognose einer Rheumaerkrankung verbessert.

Studiendaten zeigen, dass Rheumakranke, die nicht in rheumatologischer Behandlung sind, wesentlich seltener Medikamente erhalten, die die Krankheitsaktivität reduzieren können. Lösungsansätze sind zum Beispiel mehr Frühsprechstunden, der Einsatz von geschulten Fachassistenten und die Nutzung von Digitalisierung. So hofft man, Betroffene künftig frühzeitiger und besser zu versorgen.

Schwer verlaufende Arthritis bei Hochbetagten erkennen

„Die Häufigkeit des Auftretens vieler rheumatischer Erkrankungen steigt mit zunehmendem Lebensalter“, betonte Prof. Ulf Wagner aus Leipzig. Grund sei das sich verschlechternde  Immunsystem. Besonders gut sei dies bei der rheumatoiden Arthritis (RA) zu beobachten, deren Häufigkeit ab dem 60. Lebensjahr steigt. Wer in noch späteren Jahren an RA erkranke, der hat eine sogenannte LORA, kurz für Late Onset Rheumatoid Arthritis, also eine spät auftretende Arthritis. Diese Sonderform ist laut Prof. Wagner häufig durch einen sehr schnellen und hochakuten Krankheitsbeginn mit schweren Gelenkschäden gekennzeichnet.

Bei Älteren und Hochbetagten müsse man diese Erkrankung im Blick halten, zügig diagnostizieren und rasch behandeln. „Die Diagnostik einer rheumatischen Erkrankung wird im Alter schwieriger als in jüngeren Jahren“, ergänzte Dr. Björn Bühring aus Wuppertal. Bildgebende Verfahren wie der Ultraschall seien im Alter komplizierter, um die rheumatische Erkrankung von anderen unterscheiden zu können. Der Rheumafaktor sei bei Seniorinnen und Senioren nicht mehr ausschlaggebend genug.

Für die Anamnese brauche es Tools, um die Probleme des älteren Menschen genauer und schneller herausfiltern zu können. Dabei sei das chronologische Alter nicht immer dem biologischen Alter gleichzusetzen, denn das Altern erfolge sehr individuell. Erfolgreiches Altern liege vor, wenn das chronologische Alter das biologische übersteigt („die 85-Jährige sieht aus wie 70“). 

Aufruf zu mehr Mut zu Heilmittelverordnungen

Nur drei Prozent aller Rheumabetroffenen erhielten laut Zahlen der Kerndokumentation aus dem Jahr 2020 eine Verordnung für ein Funktionstraining, betonte Diplom-Medizinerin Antje Dominok aus Leipzig. In ihrem Vortrag zeigte sie auf, welche Möglichkeiten Rheumatologinnen und Rheumatologen haben, Heilmittel wie Physiotherapie, Krankengymnastik oder Manuelle Therapie zu verordnen.

„Viele der rheumatischen Erkrankungen zählen zu den Diagnosen für den langfristigen Heilmittelbedarf oder den sogenannten besonderen Verordnungsbedarf und belasten somit nicht das Budget des verordnenden Arztes“, betonte sie.

Klimawandel und mögliche Folgen für die Gesundheit

Das Thema globale Erwärmung spielte auf dem Rheumatologiekongress eine wichtige Rolle: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Klimawandel die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert, so Nathalie Nidens von der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit in Leipzig.

Hierzulande habe sich die Zahl der heißen Tage im Vergleich zu den 1950er-Jahren verdreifacht, betonte sie. Extremwetterereignisse begünstigten das Auftreten für Angst oder Depressionen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Betroffene mit rheumatischen Erkrankungen sei noch nicht ausreichend erforscht. Doch Betroffene mit Organbeteiligungen seien zum Beispiel durch extreme Hitze stärker belastet. Außerdem steige zum Beispiel die Feinstaubbelastung.

Als möglichen Ausweg zeigte sie die sogenannte Planetary Health Diet auf, eine pflanzenbasierte Ernährung. Diese Ernährungsweise könnte nicht nur 40 Prozent der lebensmittelbedingten Emissionen verhindern, sondern auch 20 Prozent aller ernährungsbedingten Todesfälle.

Welchen Einfluss hat das Wetter auf Gelenkschmerzen?

Der Epidemiologe Tim Filla von der Uniklinik Düsseldorf ging der Frage nach, welchen Einfluss Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf die Beschwerden von Betroffenen mit RA und axialer Spondyloarthritis (SpA) haben. Dazu analysierte er mit seinem Team Daten aus der Grundversorgung von 1.600 Betroffenen mit RA und 444 mit SpA. Ergebnis: Mit steigender Temperatur nahm bei RA-Patienten die Zahl der geschwollenen Fingergelenke zu.

Beim Schmerz gab es keine Zunahme. Bei steigender Luftfeuchtigkeit sank dagegen die Zahl der geschwollenen Gelenke, auch die Schmerzen nahmen leicht ab. Bei den SpA-Patienten gab es keinen relevanten Einfluss auf Schwellung und Schmerz bei Temperaturanstieg. Ein drohender Temperaturanstieg und längere Trockenphasen lassen somit bei RA Patienten eine Zunahme der Krankheitsaktivität befürchten. Größere Patientendaten sind jedoch erforderlich.

Neue Erkrankungen auf dem Vormarsch

Tropenmediziner Frieder Pfäfflin von der Charité gab einen Ausblick auf neue, bislang nur in den Tropen verbreitete Infektionskrankheiten, die sich dank der globalen Erwärmung auch  hierzulande ausbreiten. Dazu gehören etwa Vibrionen in der Ostsee, die durch kleinste, auch unbemerkte Wunden von Badenden in den Körper gelangen und vor allem bei chronisch kranken Menschen dramatisch verlaufende Infektionen verursachen können. Weitere Beispiele seien Bilharziose, die durch Blutegel übertragen wird, und Fälle des West-Nil-Virus.

Beide Erkrankungen wurden bereits in Deutschland beobachtet.

Rauchen und Passivrauch: vermeidbare Risikofaktoren

Prof. Andreas Krause aus Berlin betonte, dass Rauchen für 35 Prozent aller RA-Fälle, bei denen Antikörper gegen citrullinierte Proteine nachgewiesen werden, verantwortlich sei. Es sei ein vermeidbarer Risikofaktor für RA. Doch auch Passivrauchen erhöht das Risiko für Rheuma: Von knapp 700 Befragten gaben 13,5 Prozent der RA-Betroffenen an, dass sie sich in ihrer Kindheit mit Rauchern gemeinsam in einem Raum aufgehalten hatten.

53,6 Prozent gaben an, als Erwachsene Passivrauch eingeatmet zu haben. Damit gilt nun auch das Passivrauchen als Risikofaktor für die Entstehung einer RA. Auch Dr. Johanna Callhoff vom DRFZ referierte über Folgen des Rauchens: Laut Daten der Kerndokumentation sprechen Raucherinnen und Raucher schlechter auf eine Therapie mit Methotrexat an: Sie haben einen höheren Krankheitsaktivitätsindex DAS 28 als Nichtrauchende. Dabei gab es auch einen Bezug zur Menge der gerauchten Zigaretten: Bei einer bis neun Zigaretten täglich lag der DAS28 um 0,38 schlechter, bei zehn bis 19 Glimmstängeln 0,59 und bei höherem Zigarettenkonsum 0,66. Callhoff stellte weitere Studien vor, nach denen auch betroffene Rauchende mit Psoriasis-Arthritis schlechtere physische Funktionen haben als Nichtrauchende.

Bei Lupus erythematodes war das Rauchen mit vermehrtem Hautausschlag assoziiert. Rauchende mit SpA hatten häufiger Entzündungen in der Wirbelsäule oder in den Sakroiliakalgelenken. Aufhören lohne sich, betonte die Forscherin: Schon nach einem Jahr hätten viele Ex-Raucherinnen und -Raucher vergleichbar gute Ergebnisse wie Nichtrauchende.

Lokaltherapie oder Operation am entzündeten Gelenk?

Laut Prof. Sebastian Seitz aus Arnsberg hat die Einführung der Biologikatherapie zu einer deutlichen Reduktion der Krankheitsaktivität geführt. Schwere Verläufe mit Zerstörung der Gelenke seien nun seltener. Dennoch kann das Gelenk auch bei niedriger Krankheitsaktivität weiter geschädigt werden. Das Zeitintervall, in dem ein operativer Eingriff zum Erhalt des Gelenkes durchgeführt werden kann, ist größer geworden.

Es besteht jedoch die Gefahr, dass durch die meist schmerzlosen Gelenkschwellungen die Vorstellung beim Orthopädischen Rheumatologen erst erfolgt, wenn bereits Gelenke oder Sehnen geschädigt sind. Deshalb sollten routinemäßig mindestens einmal jährlich eine Ganzkörperuntersuchung der Gelenke erfolgen, am besten an einem Rheumatologischen Zentrum.

Die Schleimhautentzündungen des Fußes, aber auch der Hüfte, bedürfen einer besonderen Beachtung, da diese nicht vom Disease Activity Score (DAS 28) miterfasst werden. Dieser Score wird oftmals zur Beurteilung der Krankheitsaktivität herangezogen. Es kann nämlich eine scheinbar niedrige Krankheitsaktivität vorliegen bei hoher entzündlicher Aktivität am Fuß oder an der Hüfte.

Autorinnen: Helga Jäniche und Chefredakteurin Julia Bidder besuchten den Kongress in Leipzig, während Christiane Wendel ausgewählte Vorträge vom heimischen Computer aus verfolgte.

Unser Einsatz: Partizipative Rheumaforschung

Die Deutsche Rheuma-Liga fördert Forschungsprojekte, die den Ansatz der Partizipativen Forschung verwirklichen. Besonders in der Versorgungsforschung können Patienten ihre praktischen Erfahrungen mit der medizinischen Versorgung in Forschungsprojekte einbringen.

Mehr erfahren