Der Aktionsplan Rheuma zeigt auf, mit welchen konkreten Maßnahmen die Lebenssituation Rheumakranker verbessert werden kann – beispielsweise, wie man den Rheumatologenmangel beheben kann, wie Betroffene vom Einsatz von Arzneimitteln außerhalb der Zulassung profitieren können bis hin zur Forschung zu rheumatischen Erkrankungen. Adressaten des Aktionsplans sind daher nicht nur die Politik auf Bundes- und Landesebene, sondern auch Kostenträger und Leistungserbringer. Dagegen stecken die Wahlprogramme der Parteien große Linien in unterschiedlichen Politikbereichen ab. Welche konkreten Maßnahmen sich dahinter verbergen beziehungsweise wie die Umsetzung bei einer Regierungsbeteiligung oder auch in der Opposition aussehen wird, zeigt sich in der Regel erst nach der Wahl. Das gilt auch für die mögliche Umsetzung der Forderungen der Deutschen Rheuma-Liga.
Gesundheit
Im Bereich Gesundheitspolitik beziehen sich Ausführungen der Parteien unter anderem auf die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, den Zugang zur medizinischen Versorgung im Allgemeinen oder die Krankenhausfinanzierung.
Das fordert die Rheuma-Liga:
Betroffene brauchen einen schnellen Zugang zum Rheumatologen. Die koordinierte Versorgung Rheumakranker muss verbessert, einzelne Sektoren, also ambulante, stationäre und Leistungen wie Rehabilitationen müssen besser vernetzt werden. Das Funktionstraining muss weiter gefördert, Patientenschulungen finanziell abgesichert werden. Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sollten in die Versorgung integriert werden. Bei den Apps auf Rezept muss der Patientennutzen im Vordergrund stehen.
Das sagen die Parteien:
Die Christdemokraten (CDU/CSU) setzen auf eine stärkere vernetzte Zusammenarbeit der Akteure und wollen den wohnortnahen Zugang zu Ärzten, Therapeuten, Apotheken, Sanitätshäusern et cetera sichern, vor allem im ländlichen Raum. Auch die Digitalisierung soll dabei eine Rolle spielen. Mit Blick auf den ländlichen Raum sollen die Ziele einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Grund- und Regelversorgung in der Krankenhausplanung und insbesondere in der Krankenhausfinanzierung wesentlich stärker berücksichtigt werden.
Für die Sozialdemokraten (SPD) ist die Überwindung der Sektorengrenzen sowie die stärkere Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante und interdisziplinäre Versorgung eine Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung. Die Digitalisierung soll unterstützt und medizinisches Personal entsprechend geschult werden. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem Schutz von Patientendaten soll eine hohe Priorität eingeräumt werden. Die SPD will außerdem die Fallpauschalen, mit denen Krankenhausleistungen vergütet werden, berarbeiten und die Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin neu strukturieren.
Die Alternative für Deutschland (AfD) will die wohnortnahe medizinische Versorgung fördern, indem sie die Niederlassung von Ärzten unter anderem im ländlichen Raum attraktiver gestaltet. Die Fallpauschalen in den Krankenhäusern sollen durch ein Individualbudget ersetzt werden. Die AfD lehnt die Schaffung einer zentralen Datenbank mit der Anbindung von Kliniken, Praxen oder Apotheken zur Speicherung vertraulicher Patientendaten ab. Sie befürwortet die Speicherung von Notfalldatensätzen, des Medikamentenplans oder einer Patientenverfügung direkt auf einer Krankenversicherungskarte.
Die Freien Demokraten (FDP) wollen eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen und den Grundsatz „ambulant vor stationär“ konsequent umsetzen. Die Versorgungsebenen müssen sich besser verzahnen, Sektorengrenzen zwischen ambulant und stationär sollen abgebaut und patientenorientiert weiterentwickelt werden. Die Liberalen befürworten eine digitalere Vernetzung im Gesundheitswesen. Die Strukturreform in den Krankenhäusern soll weiterentwickelt, Fehlanreize und ein Überangebot an Krankenhausleistungen beseitigt werden.
Die Linke will eine gute, flächendeckende, bedarfsgerechte gesundheitliche Versorgung in der Stadt und auf dem Land und fordert explizit Barrierefreiheit. Daher soll eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung eingeführt werden. Zu den Kriterien gehören Barrierefreiheit, kurze Wartezeiten, Altersgerechtigkeit und Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Regionale Versorgungszentren sollen dazu beitragen, die ambulante Versorgung zu sichern.
Um eine gute medizinische Versorgung zu erreichen, wollen Bündnis 90/Die Grünen (Die Grünen) ambulante und stationäre Angebote übergreifend planen und fördern. Die Abrechnung stationärer und ambulanter Leistungen soll einheitlich erfolgen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit soll gestärkt, die Einrichtung kommunaler Gesundheitszentren unterstützt werden. Die Grünen unterstützen die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die elektronische Patientenakte soll weiterentwickelt und Patientenorganisationen dabei eingebunden werden. Die Datenhoheit soll bei den Patienten liegen, die Daten barrierefrei und sicher zugänglich sein. Die Krankenhausfinanzierung soll reformiert werden. Durch eine neue Säule der Strukturfinanzierung, die die Vorhaltekosten für die Bereitstellung von Betten, technischem Gerät und Personal abdeckt, sollen alle bedarfsnotwendigen Krankenhäuser finanziert werden. Die Investitionskosten sollen Bund und Länder gemeinsam tragen. Ein ressortübergreifender Inklusionsplan soll helfen, dass Menschen mit Behinderungen Gesundheitsleistungen bedarfsgerecht erhalten. Dies beinhaltet für die Bedarfsplanung verpflichtende Vorgaben zur Barrierefreiheit sowie eine Reform der Heilmittelversorgung.
Soziale Sicherung
Das fordert die Rheuma-Liga:
Erwerbsminderungsrente und Grundrente („Lebensleistungsrente“) müssen besser auf chronisch kranke Menschen zugeschnitten werden. Die Abschläge in der Erwerbsminderungsrente müssen abgeschafft werden, während die Voraussetzungen für den Erhalt der Grundrente erleichtert werden müssen.
Das sagen die Parteien:
Die Parteien haben unterschiedliche Konzepte zu den drei Säulen der Altersvorsorge. Dies betrifft sowohl die gesetzliche Rentenversicherung (erste Säule) als auch die betriebliche und die private Altersvorsorge (zweite und dritte Säule). Erwerbsminderungs- und/oder Grundrente spielen nicht in allen Wahlprogrammen eine Rolle. Nach dem Willen der CDU/CSU sollen Bezieher der jetzigen Erwerbsminderungsrente beim Eintritt in die Altersrente von den Verbesserungen der Jahre 2014 und 2019 profitieren.
Die SPD will für heutige Erwerbsminderungsrentner Verbesserungen herbeiführen, führen das im Wahlprogramm aber nicht weiter aus.
Die Linke will die Abschläge entweder ganz streichen oder durch andere Maßnahmen kompensieren. Die aktuell geltenden Zurechnungszeiten sollen rückwirkend für Betroffene gelten, die bereits Erwerbsminderungsrente beziehen.
Die Grünen wollen die Grundrente zu einer Garantierente umbauen. Um Altersarmut zu verhindern, soll diese oberhalb der Grundsicherung im Alter liegen.
Die Afd führt in ihrem Wahlprogramm dazu nichts aus.
Pflegeversicherung
Das fordert die Rheuma-Liga:
Die Pflegeversicherung muss zu einer Bürgerversicherung umgebaut, die Eigenanteile in der Pflege dauerhaft begrenzt werden. Kurzzeitpflege muss differenziert ausgestaltet und finanziell ausgestattet werden.
Das sagen die Parteien:
Die CDU/CSU äußern sich im Wahlprogramm nicht zur Finanzierung der Pflegeversicherung.
Die Linke und die SPD wollen einen Umbau zu einer Pflegevollversicherung. Die SPD will als einen allerersten Schritt die Eigenanteile für mittlere und kleinere Einkommen deckeln.
Die AfD will die gesetzliche Krankenversicherung und die gesetzliche Pflegeversicherung zusammenlegen, um Schnittstellenprobleme zu vermeiden.
Die FDP spricht sich bei der Finanzierung für ein Drei-Säulen-Modell aus: Umlage, betriebliche und private Vorsorge.
Die Grünen streben einen Umbau zu einer Bürgerversicherung an, die Eigenanteile sollen zunächst gesenkt und mittelfristig gedeckelt werden.
Im Leistungsbereich wollen die CDU/CSU Kurzzeit- und Verhinderungspflege und die Betreuungsleistungen in einem Budget zusammenfassen.
Die Linke plant eine Zusammenführung und einen Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege. Pflegebedürftige sollen selbst entscheiden können, welche Art von Pflege sie am besten in ihrem Alltag unterstützt.
Die AfD will Pflegegeld und Pflegesachleistungen angleichen, um pflegende Angehörige besser zu unterstützen.
Die FDP will ein „Liberales Pflegebudget“ einführen. Dabei sollen die Leistungsansprüche je Pflegegrad in ein monatliches Budget überführt werden.
Die SPD will haushaltsnahe Dienstleistungen stärken.
Die Grünen wollen die ambulanten Pflegeangebote ausbauen.
Arbeit und Teilhabe
Das fordert die Rheuma-Liga:
Die Teilhabe am Arbeitsleben muss einfacher werden. Arbeitgeber müssen das betriebliche Eingliederungsmanagement konsequent umsetzen. Rheumakranke Menschen benötigen flexible Arbeitszeitmodelle. Möglichkeiten der Digitalisierung und Homeoffice-Lösungen sollten dabei berücksichtigt werden.
Das sagen die Parteien:
Mobiles Arbeiten soll möglich sein – dafür setzen CDU/CSU auf sozialpartnerschaftliche Regelungen der Tarifvertrags- und Betriebsparteien. Sie wollen außerdem den inklusiven Arbeitsmarkt stärken. Dazu wollen sie das betriebliche Eingliederungsmanagement verbessern und Präventionsmöglichkeiten ausbauen.
Die SPD will einen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten einführen. Bei einer Fünftagewoche sollen Arbeitnehmer dann mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können – sofern es der Job erlaubt. Damit mehr Menschen mit Behinderungen einen Job auf dem Arbeitsmarkt finden, will die SPD die Ausgleichsabgabe weiterentwickeln. Außerdem will sie sich für eine Ansprechstelle für kleinere/mittlere Unternehmen einsetzen, die zur Barrierefreiheit oder zu Lohnzuschüssen berät.
Die AfD will mit einem Bonussystem für Arbeitgeber dabei helfen, dass mehr schwerbehinderte Menschen einen Arbeitsplatz mit fairer Bezahlung finden.
Die FDP spricht sich dafür aus, dass Arbeitnehmer – nach dem niederländischen Modell – einen Rechtsanspruch darauf erhalten sollen, dass ihre Anträge auf mobiles Arbeiten und Homeoffice vom Arbeitgeber geprüft und diskutiert werden. Für behinderte Menschen fordert die FDP eine bessere Beratung, die bereits in der Schule beginnt, und bessere Arbeitsvermittlung. Das Budget für Arbeit soll praxistauglicher, die Arbeitsvermittlung und Beratung aktiver gestaltet werden.
Die Linke will einen Rechtsanspruch auf Homeoffice einführen.
Auch Die Grünen wollen ein Recht auf Homeoffice einführen. Arbeitnehmer sollen flexibler als bisher ihre Arbeitszeit gestalten können. Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen, sollen besser unterstützt werden.
Barrierefreiheit und Mobilität
Das fordert die Rheuma-Liga:
Barrierefreiheit und Mobilität muss für rheumakranke Menschen gewährleistet sein. Auch private Anbieter von Dienstleistungen müssen zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Die UN-Behindertenrechtskonvention muss vollständig umgesetzt werden.
Das sagen die Parteien:
CDU/CSU wollen das Behindertengleichstellungsgesetz weiterentwickeln, um so die Barrierefreiheit zu stärken.
Die SPD setzt sich für eine gleichberechtigte Teilhabe und eine inklusive Gesellschaft ein. Sie will ein Bundesprogramm Barrierefreiheit auf den Weg bringen. Damit Menschen mit Behinderung in Krankenhäusern und Rehaeinrichtungen besser betreut werden können, sollen die Voraussetzungen für eine soziale Assistenz geschaffen werden.
Die FDP will für den öffentlichen Raum eine umfassende Barrierefreiheit sicherstellen.
Für Die Linke ist eine umfassende Barrierefreiheit eine Grundvoraussetzung, um eine volle und wirksame Teilhabe aller Menschen zu erreichen. Sie will auch die bislang ausgenommene Privatwirtschaft dazu verpflichten. Ziel ist der barrierefreie Zugang zu Arztpraxen, Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen. Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung sollen ein garantiertes Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen erhalten.
Die Grünen wollen ein Barrierefreiheitsgesetz umsetzen, um so die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen zu erreichen – auch bei öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie wollen das Bundesteilhabegesetz so weiterentwickeln, dass zum Beispiel Leistungen zur Teilhabe unabhängig von Vermögen und Einkommen erfolgen können.
Autorin: Sabine Eis ist Referentin für Gesundheits- und Sozialpolitik, Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband.