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Prothesenlockerung: Wenn der Wechsel ansteht

Künstliche Gelenke, sogenannte Endoprothesen, werden vorwiegend an Hüft- und Kniegelenken eingesetzt (mehr erfahren). Auch an Schultern nimmt die Anzahl der Endoprothesen, die jedes Jahr in Deutschland eingesetzt werden, in den letzten Jahren deutlich zu.

Der Gelenkersatz an der Hüfte ist so erfolgreich, dass er zur Operation des Jahrhunderts gewählt wurde. Dies beruht darauf, dass bei korrekter Indikation die Schmerzbefreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt und die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten nach einer solchen Operation wieder in der Lage ist, weite Strecken zu gehen und sogar wieder Sport zu treiben.

Die Ergebnisse am Kniegelenk sind ebenfalls als sehr gut zu bezeichnen, auch wenn die Schmerzbefreiung nicht so konsequent gelingt wie bei der Hüfte. Die Schulter wird zunehmend häufiger ersetzt. Seltener wird der Gelenkersatz am Ellenbogen, an den oberen Sprunggelenken, Daumensattel- und Fingergelenken durchgeführt. Grundsätzlich führt der endoprothetische Ersatz, egal an welchem Gelenk, in aller Regel zu einer deutlichen Verbesserung der präoperativen Schmerzen bis hin zur Beschwerdefreiheit – vorausgesetzt, die Indikation für die Operation war korrekt.

Nach einer endoprothetischen Versorgung an den Beinen ist die Erholungszeit gegenüber der Endoprothese an den Armen und Händen verlängert, da auf diesen Prothesen das Körpergewicht lastet.

Prothesen haben begrenzte Haltbarkeit

Trotz der Verbesserung der Materialien, aus denen die Prothesen gefertigt sind, etwa die Härtung der Kunststoffteile und die Verwendung von Keramik und Titan, haben alle Prothesen nur eine begrenzte Haltbarkeit. Ein Grund dafür ist der Verschleiß der Prothesengleitflächen, besonders des Kunststoffs, durch Abrieb der Oberfläche ähnlich wie bei einem Autoreifen. Daneben kann es zu einer Lockerung der Prothese im Knochen kommen. Diese kann durch die Belastung (mechanische Ursache) oder durch eine Infektion mit Bakterien hervorgerufen werden.

In der Regel zeigen sich solche Veränderungen im Röntgenbild. Dies ist der Grund, warum Endoprothesen in den ersten fünf Jahren jährlich und dann im Abstand von fünf Jahren oder bei Beschwerden geröntgt werden sollten, um eine Lockerung frühzeitig zu erkennen. Dies ist wichtig, da bei einer fortgeschrittenen Lockerung zunehmend Knochen verloren geht, was die Verankerung der neuen Prothese erschweren und im Extremfall unmöglich machen kann.

Woran erkennt man eine Prothesenlockerung?

Eine Prothesenlockerung zeigt sich durch Schmerzen bei der Belastung und Bewegung der Prothese. Dabei tritt vor allem der sogenannte Anlaufschmerz auf, etwa wenn man morgens das Bett verlässt oder länger gesessen hat und dann aufsteht. In der Regel wird der Schmerz geringer, nachdem man einige Schritte gegangen ist. Schreitet die Lockerung weiter fort, so ist ein schmerzfreies Gehen häufig nicht mehr möglich. Ein weiterer Hinweis auf eine Prothesenlockerung ist eine Veränderung der Stellung des Beines, insbesondere am Kniegelenk können X- oder O-Beinfehlstellungen auftreten. An der Hüfte führt eine Prothesenlockerung häufig zu einer Beinverkürzung und einer Bewegungseinschränkung. Gelegentlich kann auch ein Schnappen oder Knacken im betroffenen Gelenk festgestellt werden, das zuvor nicht vorhanden war. Starke Gelenkschwellungen können ebenfalls ein Hinweis auf eine Prothesenlockerung oder eine Infektion sein.

Was ist zu tun, wenn der Verdacht auf eine Prothesenlockerung besteht?

Bei einem Verdacht auf eine Prothesenlockerung suchen Sie bitte zeitnah eine Orthopädin/einen Orthopäden oder Ihre Hausärztin/Ihren Hausarzt auf, um eine Befragung bezüglich der Symptome und eine körperliche Untersuchung durchführen zu lassen. Vergessen Sie bitte nicht, zu dieser Untersuchung ihren Prothesenpass mitzuführen, da er wesentliche Informationen über den Zeitpunkt der Operation und die Art der Prothese beinhaltet. Führen Sie daneben möglichst eine Liste der bereits durchgeführten Operationen und der aktuell von Ihnen eingenommenen Medikamente mit, damit die Ärztin oder der Arzt die Möglichkeit hat, ihre Gesamtsituation einzuschätzen. 

 Tragen Sie auf der Medikamentenliste bitte auch ein, wann Sie zuletzt Arzneimittel eingenommen haben. Bei Fieber und plötzlich auftretenden starken Schmerzen begeben Sie sich bitte umgehend in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Rufen Sie den Rettungsdienst, falls Sie niemanden haben, der Sie fährt. Essen und trinken Sie nichts, bevor geklärt ist, ob Sie notfallmäßig operiert werden müssen!

Welche Untersuchungen sind erforderlich, um eine Prothesenlockerung festzustellen?

Ihre behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt wird nach der körperlichen Untersuchung eine Röntgenaufnahme des betreffenden Gelenkes veranlassen. Häufig kann man eine etwaige Lockerung oder einen Verschleiß bereits erkennen. Bei Unsicherheiten kann es hilfreich sein, durch eine Computertomografie die Grenze zwischen Knochen und Prothese in mehreren Schichten darzustellen. Daneben hat auch die Szintigrafie noch einen gewissen Stellenwert in der Diagnostik. Dabei erhalten Sie über eine Vene ein radioaktives Isotop, das schnell wieder ausgeschieden wird.

Dies reichert sich in entzündeten Körperregionen an. Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kann dies neben dem Gelenk mit der gelockerten Endoprothese auch in anderen Gelenken auftreten, die zum Zeitpunkt der Untersuchung entzündet sind. Gelegentlich tritt eine Mehranreicherung auch dann auf, wenn die Prothese fest, aber das Gelenk entzündet ist. Besteht der Verdacht auf eine Prothesenlockerung oder eine Protheseninfektion, so muss das Gelenk unter sterilen Bedingungen punktiert werden, um den abgezogenen Gelenkerguss untersuchen zu können. Ein Teil des Ergusses wird direkt unter dem Mikroskop untersucht, ein anderer Teil wird als Abstrich für mindestens 14 Tage im Labor bebrütet, um auch langsam wachsende Bakterien zu erfassen.

Nicht bei jeder Infektion einer Gelenkprothese lassen sich Bakterien nachweisen. Auch Blutuntersuchungen und das klinische Bild sind für die Beurteilung wichtig. Liegen keine Bakterien vor, aber Symptome einer Infektion, sollte eine Probe aus der Gelenkinnenhaut entnommen werden, da diese zuverlässiger auf Bakterien untersuchbar ist. Diese Entnahme einer Probe kann durch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) oder einem kleinen Hautschnitt (Miniarthrotomie) erfolgen.

Wie wird die Prothesenlockerung behandelt?

Besteht der hochgradige Verdacht auf eine Infektion, ist Eile geboten, denn es besteht Lebensgefahr. In einer offenen Operation entfernt die Chirurgin oder der Chirurg die gesamte Gelenkinnenhaut und baut die Prothese aus. Stattdessen bringt sie/er einen Platzhalter aus Knochenzement mit Antibiotikum in die Wunde ein.

Das Antibiotikum tritt aus dem Zementplatzhalter in die nähere Umgebung aus und ist durch die hohe Konzentration sehr wirksam gegen dortige Bakterien. Ist die Entzündung beruhigt, so wird dieser Platzhalter entfernt und durch eine neue Endoprothese ersetzt. Besteht keine Infektion, so erfolgt der Prothesenwechsel in einer Operation ohne Zementplatzhalter. Insbesondere an den Beinen ist der zweizeitige Prothesenwechsel mit zwischenzeitlichem Einsetzen des Platzhalters für die Patientin oder den Patienten sehr anstrengend und geht mit einer mehrwöchigen Entlastung des betreffenden Beines einher.

Da Betroffene mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen häufig nicht in der Lage sind, das betroffene Bein zuverlässig an Gehstützen zu entlasten, ist eine mehrwöchige Bettruhe angezeigt, unterbrochen von einer Rollstuhlmobilisation. Darüber hinaus erhält der oder die Betroffene Antibiotika über mehrere Wochen, zunächst über Infusionen und später in Tablettenform.

Wie lange dauert die Genesung?

Bereits ein sogenannter aseptischer Prothesenwechsel, also ein Wechsel aufgrund einer mechanischen Lockerung ohne bakterielle Infektion, stellt für Patientinnen und Patienten eine höhere Belastung dar als das Einbringen der ersten Prothese. Dies liegt daran, dass der oder die Betroffene durchschnittlich zehn bis 20 Jahre älter geworden ist und damit über weniger Muskeln und eine schlechtere Koordination verfügt.

Auch der Zugang zur Prothese, der erneut geöffnet und gegebenenfalls auch erweitert werden muss, kann zu einer Schwächung der Muskulatur führen. In höherem Lebensalter erfolgt der Muskelaufbau zudem langsamer. Aus diesem Grund ist das Ziel, mit der neuen Prothese sofort eine Belastungsfähigkeit des Beines herzustellen. Dies gelingt leider nicht in allen Fällen, da der Knochen gelegentlich zu schwach ist, um die neue Prothese zu halten. Diese muss dann zunächst einheilen. Diese Heilung kann mehrere Monate dauern und nimmt in der Regel mindestens zwölf Wochen in Anspruch.

Mit einer vollständigen Rehabilitation nach einer Hüftprothese ist nach etwa sechs Monaten zu rechnen, nach einer Knieprothese etwa nach einem Jahr. Nach einem Prothesenwechsel kann sich diese deutlich länger hinziehen. Deshalb ist die Rehabilitationszeit nach einem Prothesenwechsel sehr individuell und hängt auch davon ab, ob eine Infektion der alten Prothese vorlag und deshalb mehr Gewebe entfernt werden musste.

Aus diesem Grund sollten Sie die Operateurin oder den Operateur bereits vor dem Eingriff und auch danach auf die ihrer/seiner Meinung nach notwendige Dauer der Rehabilitation ansprechen. Auch mit der Physiotherapeutin oder dem Physiotherapeuten sollten Sie eng zusammenarbeiten, damit diese Ihnen Übungen zeigen, die Sie auch zu Hause durchführen können, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. An der Schulter und am Ellenbogen sind die Knochen deutlich schwächer als an den Beinen.

Aus diesem Grunde ist der Knochenverlust bei einem Wechsel der Prothese häufig größer und die erneute Implantation einer Endoprothese schwieriger (Abb. 3, 4). Auch an den Fingergelenken kann der  Knochenverlust so ausgedehnt sein, dass die Implantation einer Prothese nicht mehr möglich ist. In diesem Fall müssen dann gegebenenfalls Versteifungsoperationen durchgeführt werden. Glücklicherweise hat der Fortschritt der Technik dazu geführt, dass wir heute in der Lage sind, auch große Knochenverluste durch individuelle Prothesen zu behandeln, die in einer Computertomografie geplant und im 3-D-Drucker hergestellt werden.

Worauf muss vor einer Operation geachtet werden?

Der Wechsel einer Endoprothese geht mit einer höheren Infektionsgefahr einher als die primäre Endoprothesenimplantation.

Da die entzündungshemmenden Medikamente bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen das Immunsystem einschränken, ist die Infektionsgefahr nochmals deutlich erhöht. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass die Chirurgin oder der Chirurg nicht nur handwerklich hervorragend ausgebildet ist, sondern sich auch mit der besonderen Situation von Rheumatikern auseinandersetzt. Sie sollten somit nach Möglichkeit einen Orthopädischen Rheumatologen aufsuchen, um die Operation angepasst an Ihre Medikamente zu planen.

Die Nachbehandlung sollte idealerweise in einer Rehabilitationsklinik erfolgen, die sich mit Rheumatikern auskennt. Steht kein Orthopädischer Rheumatologe zur Verfügung, sollte die Chirurgin oder der Chirurg Erfahrung im Wechsel von Endoprothesen haben. Dies ist in der Regel in den Endoprothesenzentren der Maximalversorgung der Fall. Es ist ratsam, dass sich der Operateur mit einem Orthopädischen oder Internistischen Rheumatologen austauscht, um keine unnötigen Risiken bei dieser komplexen Behandlung einzugehen.

Orthopädische Rheumatologen finden Sie über die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh): www.dgorh.de. Sollten sich keine Orthopädischen Rheumatologen in Ihrer Nähe finden, so können Sie Ihre Anfrage nach einem heimatnahen Spezialisten auch gern per E-Mail an die DGORh-Geschäftsstelle senden: info@dgorh.de

Autor: Prof. Ralph Gaulke ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh), Sektionsleiter Obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover sowie Sektionsleiter Fuß- und Rheumachirurgie am Herzogin Elisabeth Hospital Braunschweig.

Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 2-2025. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden).