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Rheuma: Wie hilft die Versorgungsforschung weiter?

Forschung Versorgung
Rheumatologen und Patienten dokumentieren in der fortlaufenden Kerndokumentation der Rheumazentren den Krankheitsstatus und die Folgen vieler entzündlich-rheumatischer Erkrankungen.

Rheumabetroffenen geht es heute wesentlich besser als früher. Wie hat sich die Versorgung durch die Forschung gebessert?

Die Versorgungsforschung am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin untersucht langfristig die reale Versorgungssituation Rheumaerkrankter in Deutschland. Viele Bereiche werden dabei analysiert: Wie schnell erreichen Betroffene einen Rheumatologen, wenn die Erkrankung ausbricht? Welche Medikamente verordnen Ärzte zu Beginn der Erkrankung, welche im weiteren Verlauf? Welche Rolle haben Haus- und weitere Fachärzte in der Versorgung Rheumakranker? Die wichtigste Frage aber ist immer, an welchen Stellen die Versorgung nicht so umgesetzt wird, wie es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft möglich ist. Diese Engpässe deckt die Versorgungsforschung auf und trägt sie weiter an die politischen Verantwortungsträger und die praktizierenden Rheumatologen.

Die Kerndokumentation

Seit vielen Jahren dokumentieren Rheumatologen und Patienten im Rahmen der fortlaufenden Kerndokumentation der Rheumazentren den Krankheitsstatus und die Folgen vieler entzündlich- rheumatischer Erkrankungen. Dieses in dieser Form in Deutschland einzigartige Projekt zeigt Veränderungen in der rheumatologischen Versorgung über mehr als zwei Jahrzehnte, die sich vor allem in einem deutlichen Rückgang der Krankheitsaktivität bei rheumatoider Arthritis, ankylosierender Spondylitis (früher Morbus Bechterew), Psoriasis-Arthritis und Kollagenosen widerspiegeln.

Verbesserte Versorgung

Durch neue Therapieoptionen lassen sich heute Entzündungsvorgänge rascher und nachhaltiger unterdrücken, sodass Folgeschäden wie Gelenkzerstörung, Funktionsverlust und Organschäden viel seltener geworden sind. Viele Patienten können heute trotz ihrer Rheumaerkrankung erwerbstätig bleiben und sind seltener arbeitsunfähig oder im Krankenhaus. Trotzdem gibt es weiterhin Einschränkungen wie häufige Schmerzen, dauerhafte Kortisontherapien, unzureichende Therapieumstellungen oder schwer einzustellende individuelle Krankheitsverläufe.

Die Kerndokumentation zeigt jedes Jahr den Status quo innerhalb der rheumatologischen Versorgung. Viele teilnehmende Einrichtungen nutzen die Dokumentation zur internen Qualitätssicherung, indem sie ihre Ergebnisse mit denen anderer dokumentierender Zentren vergleichen. Übergreifende Versorgungsdefizite wie eine geringere  Verordnung von Biologika bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ohne Rheumafaktor werden über Publikationen und Kongresspräsentationen direkt an die Rheumatologen weitergeleitet.

Rheumatologen dringend benötigt

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte PROCLAIR-Projekt hat erstmals Einblick in die Versorgung Rheumabetroffener außerhalb der Rheumatologie gewährt. Die Analyse von Krankenkassendaten Versicherter mit rheumatoider Arthritis (RA) deckte große Defizite in der Verordnung rheumaspezifischer Medikamente bei älteren Menschen, bei fehlendem Rheumafaktor (seronegative RA) und bei Patienten, die nicht fachärztlich betreut wurden, auf. Die Befragung einer zufällig ausgewählten Stichprobe ergab, dass die Mehrheit der Befragten Schmerzen und Funktionseinschränkungen am Bewegungsapparat hatten. Insgesamt wurden nur zwei von drei Befragten rheumatologisch betreut.

Lange Wartezeiten für Patienten mit ankylosierender Spondylitis

Für Patienten mit ankylosierender Spondylitis zeigte sich bei PROCLAIR, dass die Wartezeit zur Diagnosestellung immer noch viel zu lang ist: Vom Beginn der Rückenschmerzen bis zur Diagnose vergehen im Durchschnitt sechs bis sieben Jahre. Vor allem bei jungen Patienten, bei Frauen und bei Betroffenen, bei denen der genetische Marker HLA B27 fehlt, verzögert sich die Diagnose, sodass gerade bei diesen Personen bei unklaren chronischen Rückenschmerzen eine Überweisung zum Facharzt zu empfehlen ist. Auch bei der ankylosierenden Spondylitis wurde nur jeder zweite befragte Patient rheumatologisch betreut. Die fachärztliche Betreuung ging mit einer häufigeren Verordnung von entzündungshemmenden Medikamenten und nichtmedikamentösen Maßnahmen wie Physiotherapie einher.

Die Erkenntnisse aus dem PROCLAIR-Projekt untermauern die Forderungen der Rheumatologie, zusätzliche Ausbildungs- und  Niederlassungsmöglichkeiten für Rheumatologen zu schaffen. Über den Gemeinsamen Bundesausschuss und mithilfe der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und der Deutschen Rheuma-Liga wurden Erkenntnisse aus der rheumatologischen Versorgungsforschung in die Weiterentwicklung der Bedarfsplanungsrichtlinien getragen. Es ist als großer Erfolg dieser Bemühungen anzusehen, dass die Rheumatologie das einzige internistische Fach ist, bei dem die Bedarfsplanungsrichtlinie vom Dezember 2019 eine Untergrenze für die Zahl der Rheumatologen festlegt, nämlich acht Prozent der Fachinternisten.

Ausblick auf weitere Forschung

Mit TARISMA startet in diesem Jahr ein neuer BMBF-geförderter Forschungsverbund, der Risikofaktoren für eine unzureichende Versorgung von Personen mit rheumatischen und nicht entzündlichen Erkrankungen am Bewegungsapparat aufdecken und hieraus Ansätze für eine verbesserte Versorgung entwickeln soll. Neben der Erforschung weniger im Fokus stehender Rheumaerkrankungen wie dem Sjögren-Syndrom und dem systemischen Lupus erythematodes werden auch für Patienten mit rheumatoider Arthritis beziehungsweise Psoriasis-Arthritis die Auswirkungen von gleichzeitig bestehenden chronischen Erkrankungen untersucht, darunter beispielsweise Herzinsuffizienz, chronisch interstitielle Lungenerkrankungen und Depression.

Mithilfe einer Patienten-App werden relevante Parameter aus der Patientenperspektive erfasst, etwa Schmerzen, Fatigue oder Schlafstörungen, und die teilweise umfangreiche Medikamenteneinnahme, die sich aus Rheuma- und Begleiterkrankungen ergibt. Körperliche Aktivitätsmessungen bei Jugendlichen mit Rheuma untersuchen Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und Krankheitsaktivität. Im TARISMA-Projekt sind Forschungspartner der Rheuma-Liga eingebunden. Die Förderung des BMBF läuft von 2020 bis 2023.

Autorinnen: Dr. Katinka Albrecht und Dr. Johanna Callhoff sind Wissenschaftlerinnen in der Arbeitsgruppe Versorgungsforschung im Programmbereich Epidemiologie am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin.

Das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum

Das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) Berlin gehört zur Leibniz-Gemeinschaft, einem Zusammenschluss von 96 eigenständigen Forschungseinrichtungen. Am DRFZ untersuchen Wissenschaftler mit grundlagenwissenschaftlichen und epidemiologischen Methoden die Entstehungsbedingungen und Folgen rheumatischer und muskuloskelettaler Erkrankungen. Ziel ist die Entwicklung von neuen und personalisierten, bestenfalls kurativen Therapien und ihre schnelle Übersetzung in den klinischen Alltag. Am DRFZ arbeiten heute mehr als 205 Forschende aus aller Welt aus mehr als 19 Nationen. Jährlich werden über 200 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht.

www.drfz.de