• Jetzt spenden
  • Kontakt
  • Presse
  • Intranet
  • Newsletter
  • A A
    STRG + STRG -

    Sie können die Seite mithilfe Ihres Browsers größer oder kleiner anzeigen lassen. Verwenden Sie dafür bitte STRG + und STRG - .
    Mit STRG 0 gelangen Sie wieder zur Ausgangsgröße.

  • brightness_6
  • Instagram Logo
brightness_6 search menu
Bei der Nutzung der Vorlesefunktion werden Ihre IP-Adresse und die angezeigte Seite an readspeaker.com übertragen. Wenn Sie zustimmen, speichern wir Ihre Zustimmung in einem Cookie. Wenn Sie Ok auswählen, wird der Cookie akzeptiert und Sie können den Dienst nutzen.

Kongress-Neuigkeiten: Von CBD über Schlaf bis Fibromyalgie als Vorbote

| Hilfe
Ein Laptop steht in einem Labor neben einem Mikroskop.

Prof. Stefan Schewe fasst interessante Neuigkeiten für Rheumabetroffene vom Kongress in Washington zusammen.

Rund 13.000 Rheumatologinnen und Rheumatologen sowie Fachkräfte des Bereichs aus fast 100 Ländern haben im November in Washington, D.C. getagt, um sich über Neuigkeiten zu informieren.

Prof. Stefan Schewe, internistischer Rheumatologe und Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga, hat online am ACR-Kongress teilgenommen und stellt an dieser Stelle ausgewählte Studien vor, die dort präsentiert wurden.

Rheumatoide Arthritis beeinträchtigt den Schlaf

Eine ausgeklügelte Metaanalyse aus Literaturrecherchen aus Ägypten zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit von mindestens 22 Prozent für Schlafstörungen bei Betroffenen mit rheumatoider Arthritis (RA) im Vergleich zu 5,6 Prozent bei gesunden Kontrollpersonen. Für die Studien, die der Analyse zugrunde liegen, wurden die Daten von 68 bis zu fast 66.000 Betroffenen analysiert.

Fazit: Schlafstörungen bei RA-Betroffenen sind viermal häufiger als bei gesunden Vergleichspersonen. Der gestörte Schlaf vergrößert das Schmerzempfinden und führt zu verstärkter Müdigkeit. Das schränkt die physische und seelische Funktionsfähigkeit der Rheumakranken ein. Die Studie weist darauf hin, dass dieses häufige Problem von Ärztinnen und Ärzten kaum angegangen und behandelt wird.

Die Frage bleibt natürlich zu beantworten, ob eine angemessene antientzündliche Therapie dieses Problem wesentlich verbessert. Denn wenn Schmerzen der Grund für die Schlafstörung sind, gilt es, die Schmerzen zu behandeln, nicht primär die Schlafstörung. Vermutlich müssen Ärztinnen und Ärzte beides im Blick behalten. (0480)*

Mit den angegebenen Nummern kann man die englischsprachigen wissenschaftlichen Abstracts finden unter https://acrabstracts.org/search/#advanced-search. Hier einfach im Fenster „Search by Abstract Number“ die Nummer eingeben.

CBD ohne Wirkung auf rheumatoide Arthritis

Der Cannabiswirkstoff Cannabidiol (CBD) hat keine Wirkung auf die Entzündung bei RA. Die Untersuchung erfolgte an 47 Betroffenen mit aktiver RA. Die CBD-Dosis lag bei zweimal täglich 200 beziehungsweise 400 Milligramm, die Kontrollgruppe erhielt zweimal täglich ein Scheinpräparat.

Es wurde zufällig ausgelost, wer Wirkstoff und wer Placebo erhielt. 33 Prozent der Betroffenen, die das Scheinpräparat erhielten, brachen die Therapie wegen Nebenwirkungen ab, bei den CBD-Nutzern waren es mit 63 Prozent fast doppelt so viele. Auch in puncto Schmerzen war nach zwölf Wochen kein Unterschied zu messen.

Fazit: Der Wirkstoff CBD hat auf den Verlauf der Krankheitsaktivität einer RA keinen Einfluss, wirkt nicht antientzündlich und hat deutlich höhere Nebenwirkungsraten als ein Placebo. Ob das Mittel lang- oder mittelfristig gegen Schmerzen hilft, konnte diese Studie aufgrund ihrer kurzen Dauer nicht beantworten. (2246)

Asthma als möglicher Risikofaktor für RA

Eine kanadische Studie zeigt, dass auch Asthma zu den Risikofaktoren für die Entwicklung einer seropositiven RA gehört, die durch das Vorliegen sogenannter CCP (cyclisches citrulliniertes Peptid)-Antikörper gekennzeichnet ist. Als Vergleich dienten gesunde Kontrollpersonen.

Fazit: Die Lunge ist ein wichtiges Organ, in dem eine erste Auseinandersetzung des Immunsystems mit Schadstoffen (rauchen, Umwelt) und allergischen Reaktionen (Asthma) stattfindet. Schon vor Ausbruch der Rheumaerkrankung können die verantwortlichen, assoziierten Autoantikörper dort gemessen werden. Dazu gehört ein Marker, den Ärztinnen und Ärzte IgA ACPA nennen. Dieser gehört zu den CCP-Antikörpern, die vor allem bei RA-Betroffenen auftreten.

Ihr Vorliegen gilt als Risiko für einen schweren Verlauf der RA. Neben dem Darm sind Haut und Lunge die wichtigsten Organe, in denen eine erste Auseinandersetzung und bei zusätzlichen genetischen Faktoren eine Fehlsteuerung des Immunsystems beginnt. (0047)

Fibromyalgie kann als Vorbote auftreten

Fibromyalgie kann ein Risikofaktor für nachfolgende Autoimmunerkrankungen sein. Deshalb sind Verlaufskontrollen dieses Krankheitsbildes auch bei Rheumatologinnen und Rheumatologen sinnvoll. Eine sogenannte retrospektive Studie aus China in Zusammenarbeit mit einem Zentrum in den USA zeigte bei 320 von 14.300 Betroffenen mit Fibromyalgie innerhalb von fünf Jahren eine entzündliche Autoimmunerkrankung wie RA, systemischer Lupus erythematodes, Psoriasis-Arthritis oder Ähnliches. Das entspricht 2,2 Prozent – bei einer gesunden Kontrollgruppe waren es nur 0,5 Prozent.

Fazit: Bisher ist man davon ausgegangen, dass bei Fibromyalgiebetroffenen keine Autoimmunerkrankungen in den Laborwerten nachgewiesen werden können, obwohl ihre Beschwerden viele Gemeinsamkeiten mit denen von Rheumabetroffenen haben, etwa Schmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen und Ähnliches. Diese retrospektive Beobachtungsstudie lässt zumindest Zweifel an dieser bisherigen Einschätzung aufkommen. Deshalb sollten hin und wieder rheumatologische Verlaufskontrollen erfolgen, damit beim Auftreten einer entzündlichen Autoimmunerkrankung eine antientzündliche Therapie beginnen kann. (1225)

Schritt für Schritt gegen Kniearthrose

Regelmäßiges Gehen vermindert Schmerzen und die Folgen einer Kniearthrose. Das ist das Ergebnis einer großen retrospektiven Querschnittstudie aus den USA bei 2.607 Betroffenen. 81 Prozent der Arthrosepatientinnen und -patienten berichteten, dass sie in irgendeiner Phase ihres Lebens vermehrt gegangen sind. Mit höherem Alter stieg die Häufigkeit des Gehens an. Bei über 50-Jährigen waren die Ergebnisse am meisten ausgeprägt: Wer häufig zu Fuß ging, hatte weniger Schmerzen im Knie sowie weniger auffällige Veränderungen im Gelenk.

Fazit: Die Studie zeigt erneut die schon lange bekannte Tatsache, dass Gehen für Knieschmerzen hilfreich ist und das insbesondere bei Menschen über 50. Betroffene müssen demnach keine Angst haben, durch die vermehrte Bewegung die arthrotischen Veränderungen im Knie zu verstärken oder mehr Schmerzen zu erleiden. Im Gegenteil: Wer sich weniger bewegt, hat mehr Schmerzen und stärkere krankhafte Veränderungen im Gelenk. Ein wichtiger Aspekt ist natürlich die Gewichtsabnahme, die hier in der Studie nicht adressiert wurde. (1185)

Physiotherapie: Die Macht der Kommunikation

Welche Rolle spielt die menschliche Zuwendung bei der Physiotherapie? Das wollte eine Studie in einem randomisierten Design herausfinden. Sie untersuchte Physiotherapie zu Hause, Physiotherapie zu Hause plus motivierende SMS-Nachrichten dreimal pro Woche, Physiotherapie durch einen Therapeuten mit Ultraschallgeräteeinsatz und eine Scheinphysiotherapie eines Therapeuten mit ausgeschalteten Ultraschallgeräten.

An der Untersuchung nahmen Betroffene mit schmerzhafter Kniearthrose teil, die alle 14 Therapieeinheiten in zwölf Wochen erhielten. Die hochwertige medizinische Studie zeigte nach drei und zwölf Monaten nur einen Unterschied, wenn der Therapeut physisch anwesend war. Die ein- oder ausgeschalteten Ultraschallgeräte hatten keinen nachweisbaren Effekt.

Fazit: Eine sehr schöne, nach allen wissenschaftlichen Kriterien gut durchgeführte Bewertung der Physiotherapie über zwölf Wochen betrachtete die Schmerzen bei schmerzhafter Kniearthrose nach drei und nach zwölf Monaten. Erwartbar war, dass alle Physiotherapiemaßnahmen die Schmerzen nach drei Monaten verringern, ohne Unterschied in der Art der Physiotherapie.

Das überraschende Ergebnis: Offenbar ist die Kommunikation mit dem Physiotherapeuten der entscheidende Faktor für den Erfolg. Möglicherweise ist die persönliche Kommunikation oder Interaktion wesentlich dafür, dass die Empfehlungen der Physiotherapie im täglichen Leben umgesetzt werden. Das lindert die Schmerzen am erfolgreichsten. (1665)

JAK-Inhibitoren: Kein höheres Herzrisiko

Betroffene, die einen Januskinase-(JAK-)Inhibitor wie Tofacitinib, Baricitinib oder Upadacitinib erhalten, haben kein erhöhtes Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis wie Durchblutungsstörungen, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall im Vergleich zu Betroffenen, die einen TNF-Blocker erhalten. Das zeigt eine Metaanalyse aller zur Verfügung stehenden Real-Life-Daten von mehr als 350.000 RA-Betroffenen.

Das Risiko für Hautkrebsarten ist gering erhöht, allerdings nicht für den schwarzen Hautkrebs (malignes Melanom).

Fazit: Dank dieser Analyse sollte endlich Schluss mit der Debatte sein, ob diese Therapie das Herz-Kreislauf-Risiko erhöht. Vorsicht ist geboten bei Betroffenen mit einer nicht ausreichend behandelten koronaren Herzerkrankung. Das leicht erhöhte Risiko für nichtmelanotische Hautkrebsarten (heller Hautkrebs) ist bekannt. Jährliche  autarztuntersuchungen
sind sinnvoll. (2264)

Zähne zeigen Herzgesundheit an

Die Zahl der verlorenen Zähne bei RA-Betroffenen ist mit der Wahrscheinlichkeit für ein Herz-Kreislauf-Ereignis wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sowie mit der Gesamtsterblichkeit verknüpft.

Wer mehr als acht Zähne aufgrund von Parodontose oder anderen Zahnproblemen verloren hat, trägt ein fast fünffach erhöhtes Risiko für einen Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das ist das Ergebnis der Auswertung des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES). Die nach internationalen Kriterien beobachtete Kohorte untersuchte zwischen 1999 und 2004 regelmäßig eine Patientengruppe von 582 RA-Betroffenen aus China im Verlauf. Die Beobachtung umfasste knapp 17 Monate, alle bekannten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden berücksichtigt.

Fazit: Die Studie hebt die Bedeutung der Zahnfleischentzündung für die Sterblichkeit bei RA hervor. Sie unterstreicht die Notwendigkeit für eine ausgeprägte, regelmäßige Zahnhygiene mit mindestens zweimaligem Zähneputzen pro Tag und regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollen. Sie betont zudem die Wichtigkeit, Parodontitis zu behandeln. (1325)

To-do-Liste hilft dabei, die Versorgung zu verbessern

Neben der Rheumabasistherapie Begleiterkrankungen im Blick behalten, Impfungen rechtzeitig wahrnehmen und auch die Krebsvorsorge nicht vernachlässigen – viele Betroffene verlieren den Überblick, wann sie sich um welches Gesundheitsthema kümmern müssen. Die Universität Erlangen hat 200 ambulant betreute Patientinnen und Patienten aus der Rheumatologie für eine Studie beobachtet.

Ergebnis: Erstellten Rheumatologinnen oder Rheumatologen gemeinsam mit den Betroffenen eine To-do-Liste, ließ sich die Versorgung entscheidend verbessern. Wer zusätzlich ein Video ansah, dass die Wichtigkeit dieser Faktoren unterstrich, hatte dagegen keinen Vorteil.

Fazit: Jeder und jede Betroffene sollte so eine To-do-Liste gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin erstellen und sich zum Beispiel an den Kühlschrank heften. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Großteil der dort aufgeführten Gesundheitschecks umgesetzt wird. So kann der oder die Betroffene sich selbst dazu bringen, wichtige Gesundheitsaspekte im Hinblick auf die Erkrankung in die Hand zu nehmen. (1239)

Alkohol kann Entzündung befeuern

Zwei Studien aus Kanada untersuchten den Effekt von regelmäßigem Alkoholkonsum auf den Schmerz und die Aktivität sowie auf das Fortschreiten einer axialen Spondyloarthritis (Morbus Bechterew).

Ergebnis: Alkohol betäubt den Schmerz, und die Betroffenen mit dieser Erkrankung fühlen sich besser. Allerdings verstärkt Alkohol die Entzündung an der Wirbelsäule und lässt sie rascher voranschreiten als bei Betroffenen ohne Alkoholkonsum. Das gilt insbesondere für Männer mit einer radiologisch nachweisbaren axialen Spondyloarthritis.

Fazit: Warum Alkohol das Fortschreiten der Entzündung an der Wirbelsäule verstärkt, ist noch unklar. Möglicherweise setzt Alkohol Entzündungsmediatoren frei – dies würde für alle entzündlichen Rheumaerkrankungen gelten. Es verringert sich auch die Krankheitsaktivität, wobei nicht klar ist, ob dies daran liegt, dass Betroffene den Schmerz weniger stark empfinden oder aber sich weniger bewegen. In jedem Fall muss vor zu hohem Alkoholkonsum bei der axialen Spondyloarthritis gewarnt werden – und vermutlich auch bei anderen entzündlichen Rheumaerkrankungen. (0555 und 0822)

Autor: Prof. Stefan Schewe ist internistische Rheumatologe und ärztlicher Berater der Deutschen Rheuma-Liga. Er hat online am Kongress in Washington, D.C., teilgenommen.

Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 2-2025. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden).

Unser Einsatz

Die Deutsche Rheuma-Liga fördert Forschungsprojekte und Promotionsvorhaben, die einen großen Nutzen für Menschen mit rheumatischen Erkrankungen haben. Neben der finanziellen Unterstützung der Wissenschaft unterstützt der Verband auch die Mitarbeit von Betroffenen als Forschungspartner. Diese Methode unterstützt die Patientenorientierung in Forschung und Wissenschaft zum Thema Rheuma.

Mehr erfahren