Ein besonderes Highlight in der Austauschplattform „Team Rheuma“: Während einer Expertenwoche im Juli haben renommierte Rheumatologinnen und Rheumatologen Fragen zum Thema „Medikamentöse Therapie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen“ beantwortet.
„Team Rheuma“ ist seit Ende letzten Jahres online – und die Zahl der Teamplayer wächst täglich. Immer mehr Betroffene vernetzen sich und erhalten wertvolle Unterstützung.
Profitieren Sie von den Erfahrungen anderer Betroffener und geben Sie Ihr eigenes Wissen weiter.
Wir haben wichtige Informationen aus der Expertenwoche zu Medikamenten und Rheuma für Sie zusammengestellt:
- Prof. Dr. Klaus Krüger zeigt das Vorgehen der Therapie bei rheumatoider Arthritis auf:
„Man sucht seit Jahrzehnten nach Markern dafür, welche Therapie für welchen Patienten die bestgeeignete sein könnte, jedoch bisher weitgehend erfolglos.
Insofern muss der Rheumatologe mit seiner Therapie den Leitlinien folgen und bei Erfolglosigkeit der Starttherapie nach drei Monaten umstellen - als Starttherapie ist nach wie vor die Kombi Mtx + Corticoid festgelegt, davon weicht man nur ab, wenn Mtx kontraindiziert ist.
Aber immerhin: Rund 50 Prozent der Patienten kommen bei richtiger Dosierung mit dieser Starttherapie in Remission, und wenn bei Erfolglosigkeit wirklich nach ca. drei Monaten gewechselt wird, ist auch noch nichts verloren, so schnell treten zum Glück keine Schäden auf.“
- Dr. Susanna Späthling-Mestekemper informiert über die Einnahme von Rituximab und was zu beachten ist, wenn eine Operation ansteht:
„Rituximab kann man genauso wie jede andere Basistherapie auch über einen langen Zeitraum einnehmen, solange die Therapie hilft und keine Nebenwirkungen auftreten. Zum Zeitpunkt der OP sollte die Krankheitsaktivität möglichst gut eingestellt sein, da ansonsten insbesondere eine erhöhte Infektgefährdung droht.
Einen Schub erkennt man insbesondere an klinischen Symptomen (also Schmerzen und Schwellungen der Gelenke z.B.) und ggf. auch an dem Nachweis von Entzündungszeichen im Blut. Cortison ist dann im Schub eine gute Hilfe und auch postoperativ eine gute Option, wenn die Erkrankung wieder aktiv werden sollte - allerdings möglichst keine riesigen Dosen nehmen sondern lieber schnell reagieren mit niedrigen Dosen.“
- Prof. Dr. Eva Reinhold-Keller und Prof. Dr. Stefan Schewe äußern sich zur Diagnose einer unspezifischen Kollagenose, zum Aussagewert der ANA und der Frage nach einer Behandlung mit Quensyl:
„Die Diagnose unspezifische Kollagenose bezeichnet eine nicht klar definierte Erkrankung, wenn die Symptome (Sonnenempfindlichkeit, vor allem Weiss- aber auch Blau- und Weissverfärbung im Wechsel der Finger/Zehen bei Kälte, Trockenheit im Mund und/oder Augen und/oder Genitale, Haarausfall vor allem lokal fleckförmig, Kraftminderung in den Oberarmen oder Oberschenkeln, Bläschen im Mund) nicht weiterhelfen.
Jedes dieser Symptome steht für spezifische Kollagenosen (Autoimmunerkrankungen). In der Regel werden im Immunfluoreszenztest weitergehende Tests gemacht, die hier Klarheit bringen können. C3/C4-Complement im Blut sind Aktivitätszeichen, wenn sie vermindert sind. Wenn alles das nicht weiterhilft, bleiben nur die erhöhten Antinukleären Antikörper, die alleine oft auch unspezifisch erhöht sein können, besonders nach Infektionserkrankungen. Oft bringt dann erst die Verlaufsbeobachtung über längere Zeit die Diagnose und damit eine gezielte Therapiemöglichkeit.“
(Prof. Dr. Stefan Schewe)
„In der Tat spielen Höhe der ANA für die Diagnose alleine keine Rolle, auch haben sie keinen Vorhersagewert über die Schwere der Erkrankung. Wenn keine inneren Organe beteiligt sind wie Herz, Lunge, Nieren etc. ist Quensyl eine gute Therapie-Option. Allerdings dauert es bis zum Wirkeintritt oft 4-6 Monate, sodass häufig eine meist niedrig-dosierte Cortisontherapie bis zum Wirkeintritt sinnvoll ist.“
(Prof. Dr. Eva Reinhold-Keller)
- Prof. Dr. Klaus Krüger beantwortet die Frage nach einer Medikamentenpause bei operativen Eingriffen wie Zahn-OPs:
„Weder Sulfasalazin noch Methotrexat muss man bei operativen Eingriffen pausieren, leider sind viele Operateure und auch Zahnärzte da falsch informiert. In Studien ist sogar gezeigt worden, dass Pausieren das Risiko erhöht (Gefahr eines Schubes).“
- Dr. Susanna Späthling-Mestekemper erklärt zur Einnahme von MTX und Kinderwunsch beim Mann:
„Es gibt inzwischen sehr gute Studien, die belegen, dass die Spermienqualität umso besser ist, je besser die entzündliche Rheumaerkrankung eingestellt ist. MTX gehört zu den Medikamenten, die auch von Vätern mit Kinderwunsch eingenommen werden dürfen. Es gibt keinen Hinweis für eine fruchtschädigende Wirkung auf das Kind, wenn der Vater während der Zeugung MTX einnehmen muss, genau so wenig wie unter Biologika wie TNFi, Azathioprin oder Leflunomid.“
- Prof. Dr. Klaus Krüger gibt Auskunft darüber, nach welchem Zeitraum klar ist, ob ein Biologikum wirkt:
„Etwa nach drei Monaten weiß man spätestens, ob ein Biologikum wie Cosentyx wirkt oder nicht, zumindest eine deutliche Wirkung (die dann allerdings in den Folgemonaten noch etwas zunehmen kann) sollte dann eingetreten sein. Zum Glück gibt es ansonsten noch genügend Alternativen mit Aussicht auf Erfolg (Bimekizumab, IL23-Blocker, JAK-Inhibitoren).“
- Dr. Susanna Späthling-Mestekemper erläutert zum Thema „Fatigue und Medikation“:
„Fatigue ist ein Symptom, das schwer zu verbessern ist und es gibt derzeit keine medikamentöse Therapie, die speziell Fatigue verbessern kann. Hilfreich ist, wenn die entzündliche Rheumaerkrankung möglichst gut eingestellt ist (dies gelingt in vielen Fällen nur mit einer guten Therapie), eine gesunde Ernährung, Sport und Bewegung soweit möglich, eine stabile Psyche und ein guter Schlaf. Außerdem sollten weitere Erkrankungen, die zu Fatigue führen können wie Blutarmut, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Herzinsuffizienz ausgeschlossen bzw. behandelt werden.“
- Prof. Schewe nimmt zu Adalimumab als Ersttherapie bei rheumatoider Arthritis Stellung:
„Als Ersttherapie bei einer rheumatoide Arthritis RA ist eine Therapie mit Adalimumab ungewöhnlich, üblicherweise beginnt man mit Methotrexat und setzt erst um, wenn Mtx nicht wirkt. Es gibt aber besondere Fälle, wo Adalimumab als Ersttherapie auch notwendig wird: bekannte Vorerkrankungen, besonders aktive RA mit deutlicher Einschränkung der Arbeitsfähigkeit/Lebensqualität, Betroffenheit von Gelenken, die zur Berufsausübung besonders wichtig sind, Kontraindikationen gegen eine kurzfristige Kortisontherapie u.a.
Die Risiken einer Therapie mit Adalimumab liegen im Bereich der Anfälligkeit von Infektionserkrankungen, deshalb sind Impfungen (Aktualisierung Impfplan) vorher sinnvoll, eine latente TBC (nicht symptomatisch, aber im Blut nachweisbar) sollte ausgeschlossen sein, keine aktive Infektionserkrankung.“
- Dr. Susanna Späthling-Mestekemper beschreibt Erklärungsansätze zur möglichen Gewichtszunahme bei der Einnahme von Rinvoq:
„Rinvoq kann tatsächlich bei einigen Patienten zu einer Gewichtszunahme führen. Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungsmöglichkeiten: Es gibt Hinweise darauf, dass Rinvoq selbst zu einer Gewichtszunahme führen kann, möglicherweise durch Veränderungen im Stoffwechsel oder durch eine erhöhte Flüssigkeitseinlagerung.
Eine andere Erklärung kann sein, dass die Einnahme von Rinvoq zu einer Verbesserung der Symptome und damit zu einer erhöhten Aktivität und einem gesteigerten Appetit führen kann, was ebenfalls zu einer Gewichtszunahme beitragen kann. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Ballaststoffen sowie regelmäßige körperliche Aktivität/Sport können helfen, die Gewichtszunahme zu minimieren oder zu kontrollieren. Im Einzelfall müssen immer Vorteile der Therapie gegenüber Nebenwirkungen abgewogen werden.“