Ein Blick in aktuelle Daten aus den Registern.
Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) im höheren Lebensalter kann eine besondere Herausforderung darstellen, denn Ältere haben häufig weitere chronische Erkrankungen, die Medikamente erfordern. Es gilt daher, Nutzen und Risiken sowie mögliche Wechselwirkungen jeder einzelnen Therapie sorgfältig abzuwägen. Ziele der Behandlung sind neben der Kontrolle von Schmerzen und Entzündungen vor allem der Erhalt einer guten Lebensqualität und körperlichen Unabhängigkeit.
Durch große Langzeitstudien mit vielen Tausend Betroffenen wie der Kerndokumentation der Rheumazentren oder dem RABBIT-Register weiß man inzwischen recht gut, wie ältere RA-Kranke in Deutschland behandelt werden und welche Aspekte dabei besonders beachtet werden sollten.
Gibt es Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Betroffenen?
Mithilfe der Daten der bundesweiten Kerndokumentation wurde untersucht, ob die rheumaspezifische Therapie bei Älteren häufiger abgesetzt werden muss als bei Jüngeren. Der Vergleich verschiedener Altersgruppen zeigte keinen Unterschied hinsichtlich der Dauer der Behandlung. Da die häufigsten Gründe für das Absetzen einer Therapie entweder Nebenwirkungen oder unzureichende Wirksamkeit sind, spricht dies für eine vergleichbare Sicherheit und Wirksamkeit der verschiedenen Therapien unabhängig vom Lebensalter.
Aus der Kerndokumentation wissen wir, dass Betroffene ab 65 Jahren seltener neuere Therapien wie Biologika, Biosimilars und Januskinase-Inhibitoren erhalten als Jüngere. Dagegen bekommen Ältere häufiger Kortison. Analysen von Krankenkassendaten zeigen zudem, dass das Risiko der Unterversorgung mit wirksamen Therapien besonders hoch ist, wenn keine rheumatologische Mitbetreuung besteht.
Bei älteren Betroffenen mit mehreren chronischen Krankheiten ist dies leider häufig der Fall. Dabei zeigen aktuelle Daten, dass es keinen Grund gibt, die neuen Medikamente – die zum Teil seit 25 Jahren verfügbar sind – zurückhaltend zu verordnen. Zugleich sollte gerade bei Älteren möglichst auf Kortison verzichtet oder eine sehr niedrige Dosis gewählt werden.
Eine unzureichend kontrollierte Krankheitsaktivität der RA zeigt sich unter anderem durch häufigere Schübe, erhöhte Entzündungswerte und geschwollene Gelenke. Das verschlechtert sowohl Krankheitsverlauf als auch Lebensqualität und kann zudem die Lebenserwartung deutlich verkürzen. Eine anhaltend hohe Krankheitsaktivität begünstigt andere chronische Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, schwere Infektionen oder Blutkrebs. Eine engmaschige Betreuung mit rechtzeitiger Therapieanpassung ist daher unverzichtbar.
Gibt es spezifische Risiken bei der Behandlung älterer Betroffener?
Das Immunsystem ist im Alter weniger aktiv – deshalb sind ältere Menschen anfälliger für schwere Infektionen wie Lungenentzündung. Das Risiko für solche Infektionen ist im Alter von 80 Jahren etwa doppelt so hoch wie mit 60 Jahren. Auch chronische Begleiterkrankungen wie Diabetes, Lungen- oder Nierenerkrankungen erhöhen das Infektionsrisiko. Weil moderne Rheumamedikamente das Immunsystem teilweise unterdrücken, steigt bei Behandlungsbeginn zunächst das Risiko für schwere Infektionen. Umgekehrt ist jedoch eine unzureichend kontrollierte Krankheitsaktivität mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden.
Wenn Patientin/Patient und Ärztin/Arzt also gemeinsam eine Therapieentscheidung treffen, kommt es darauf an, die verschiedenen Einflüsse auf das Infektionsrisiko gleichzeitig zu berücksichtigen. Hierfür wurde der RABBIT-Risikoscore für schwerwiegende Infektionen entwickelt. Sinkt die Krankheitsaktivität durch eine wirksame Therapie, können Betroffene sich mehr bewegen und trainieren. Die gerade im Alter so wichtige körperliche Funktionsfähigkeit verbessert sich dadurch. Zudem verringert sich der Bedarf an Kortison. In der Summe sinkt das Infektionsrisiko.
Auch im Alter ist daher eine wirksame Therapie in aller Regel besser als ein Verzicht darauf. Zugleich sollte alles darangesetzt werden, ältere Menschen vor vermeidbaren Infektionen zu schützen. Impfungen sind für sie besonders wichtig, vor allem gegen Gürtelrose (Herpes zoster), Covid-19, Lungenentzündung und Grippe. Wie steht es bezüglich anderer möglicher Risiken der neueren Therapien? Im Hinblick auf mögliche Risiken für Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall kann Entwarnung gegeben werden.
Tatsächlich stellt eine niedrige Krankheitsaktivität, die zumeist nur mithilfe wirksamer Therapien erreicht werden kann, einen wichtigen Schutz vor weiteren chronischen Erkrankungen dar.
Fazit: Ältere RA-Betroffene sollten wirksam behandelt werden – ebenso wie jüngere. Dabei gilt es, mögliche weitere Erkrankungen und deren Therapien zu beachten. Gerade für ältere Menschen ist der Erhalt der körperlichen Funktionen entscheidend, auch, um weitere Erkrankungen zu vermeiden.
Wir bedanken uns bei allen Betroffenen, die durch ihre Teilnahme an den Beobachtungsstudien diese Ergebnisse möglich gemacht haben!
Autorinnen: Prof. Anja Strangfeld leitet den Programmbereich Epidemiologie und Versorgungsforschung am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) Berlin, ein Leibniz-Institut.
Ihre Vorgängerin Prof. Angela Zink ist nach wie vor in die Forschung eingebunden.
Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 1-2025. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden).