Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Heilmittelrichtlinie überarbeitet, um die Heilmittelversorgung zu vereinfachen. Die Deutsche Rheuma-Liga hat als Patientenvertretung die notwendigen Bedarfe von Betroffenen mit rheumatischen Erkrankungen deutlich gemacht und Verbesserungen erzielt. Nach Jahren der Bearbeitung und Beratung tritt die aktualisierte Richtlinie Anfang 2021 in Kraft.
Das bleibt
Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen haben grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, also Maßnahmen der physikalischen Therapie, der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, der medizinischen Fußpflege sowie der Ergotherapie.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Die Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf bleiben erhalten. Die dazugehörige Liste (Anlage 2 der Heilmittelrichtlinie) wird auch in Zukunft im G-BA überarbeitet. Die besonders für Menschen mit einer rheumatischen Erkrankung wichtige Liste der besonderen Verordnungsbedarfe wird es auch weiterhin geben. Diese finden Sie im Internet auf den Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Das ändert sich
Den Ärzten stehen mehr Therapieoptionen und Entscheidungsfreiheiten zur Verfügung, auf deren Grundlage dem medizinischen Bedarf der Patienten Rechnung getragen werden kann. Mehr Zeit bis zum Behandlungsbeginn Liegt eine Heilmittelverordnung vom Arzt vor, muss mit einer Behandlung nun nicht mehr nach 14, sondern spätestens 28 Tagen begonnen werden. Zusätzlich kann ein dringlicher Behandlungsbedarf (innerhalb von 14 Tagen) auf der Verordnung angekreuzt werden. Damit wird der teilweisen schwierigen Versorgungslage mit Physiotherapeuten Rechnung getragen.
Orientierende Behandlungsmenge
In Zukunft wird es einen Verordnungsfall geben, der alle Heilmittelverordnungen für einen Patienten auf Grundlage derselben Diagnose (erste drei Stellen des ICD-10-Codes sind gleich) und derselben Diagnosegruppe umfasst. Daran wird eine „orientierende Behandlungsmenge“ geknüpft. Die Unterscheidungen zwischen Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb des Regelfalls entfallen – und damit auch bisherige Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse.
Damit können die Ärzte viel besser auf den medizinischen Bedarf der Patienten eingehen: Sie können sich an der vorgegebenen Behandlungsmenge orientieren, dürfen aber davon abweichen. Dies erfordert nur eine Dokumentation in der Patientenakte mit den vorliegenden Gründen. Damit soll sich endlich die Menge der Heilmittelverordnungen nach dem medizinischen Bedarf des Patienten richten. Neben der Diagnosegruppe kann der Arzt in Zukunft eine patientenindividuelle Leitsymptomatik angeben, mit der er besser auf jeden einzelnen Patienten eingehen kann.
Therapiepause entfällt
In Zukunft entfällt die Therapiepause, das sogenannte verordnungsfreie Intervall von zwölf Wochen. Künftig gibt das Datum der letzten Heilmittelverordnung den Ausschlag: Liegt die letzte Heilmittelverordnung keine sechs Monate zurück, wird der bisherige Verordnungsfall fortgeführt. Anderenfalls beginnt ein neuer Verordnungsfall. Wechselt der Patient den Arzt, liegt auch ein neuer Verordnungsfall vor. Der Heilmittelkatalog gibt die Frequenzempfehlungen als einheitliche Frequenzspannen an, zum Beispiel „mindestens zweimal wöchentlich“ oder ein- bis dreimal wöchentlich. Dies ermöglicht mehr Flexibilität.
Heilmittelkatalog wird übersichtlicher
Die Diagnosegruppen werden insbesondere im Bereich Physiotherapie zusammengefasst – von bisher 22 Diagnosegruppen bleiben 13 übrig. Innerhalb der Diagnosegruppen wird nicht mehr zwischen einem kurz-, mittel- oder längerfristigem Heilmittelbedarf unterschieden. Auch die bisherige Unterscheidung zwischen „vorrangigen“, „optionalen“ und „ergänzenden“ Heilmitteln entfällt. Künftig wird nur noch zwischen vorrangigen und ergänzenden Heilmitteln differenziert. Die ergänzenden Heilmittel wurden den vorrangigen Heilmitteln zugeordnet.
Therapieoptionen werden erweitert
Ärzte können künftig bis zu drei vorrangige Heilmittel gleichzeitig verordnen. So können für die Dauer einer Verordnung beispielsweise passive Maßnahmen (zum Beispiel Manuelle Therapie) und aktive Maßnahmen (etwa Bewegungstherapie/Krankengymnastik) in der Physiotherapie kombiniert werden.
Einheitliches Formular
Es wird nur noch ein Verordnungsformular für alle Heilmittel geben (Physiotherapie, Podologie, Ergotherapie, Ernährungstherapie, Stimm-, Sprech-, Sprach- sowie Schlucktherapie).
Autorin: Marion Rink ist Vizepräsidentin der Deutschen Rheuma-Liga und hat sich als Patientenvertreterin bei der Neufassung der
Heilmittelrichtlinie eingesetzt.
Weitere Informationen: neue Heilmittelrichtlinie