Jedes Jahr schreibt die Europäische Rheumaliga EULAR einen Schreibwettbewerb aus, den Edgar-Stene-Preis. 2020 ging der Preis an Hristina Bankova. Die Bulgarierin setzt sich für die Aufklärung über rheumatische Erkrankungen in ihrer Heimat ein. Das ist ihre Geschichte:
Es ist Mai 2013. Ich trage ein T-Shirt mit dem Logo „Welt-Lupus-Tag“. Ich halte einen Stapel der gleichen T-Shirts, Stifte und Merkblätter in meinen Händen. Gemeinsam mit vier anderen Leuten, die die gleichen T-Shirts tragen, stehe ich im Zentrum von Sofia. Nein, ich habe selbst keinen Lupus. Und ich kenne noch nicht einmal Menschen, die Lupus haben. Ich habe das Wichtigste über diese Erkrankung gelernt.
Falls mich die Passanten dazu befragen, erkläre ich ihnen, dass wir eine Lupus-erythematodes-Kampagne machen. Warum bin ich hier? Ich möchte die kleine Gruppe der Leute unterstützen, die vor ungefähr drei Jahren die Bulgarische Organisation für Patienten mit rheumatischen Erkrankungen (BOPRD) mit viel Enthusiasmus, Leidenschaft und Anstrengung gegründet haben.
Aufklärung für andere
An diesem besonderen Tag in Sofia weiß ich noch nicht, dass ich selbst auch eine rheumatische Erkrankung habe. Aber ich weiß, dass gerade etwas Gutes, etwas Nützliches geschieht: Wir informieren Passanten darüber, dass es eine Kategorie von Erkrankungen gibt, die rheumatische Erkrankungen genannt werden. Rheumatische Erkrankungen sind bei uns in Bulgarien nicht so gut bekannt wie Diabetes oder Bluthochdruck. Es gibt oft keine sichtbaren Symptome, die anzeigen, dass man einer Person mit einer ernsten chronischen Erkrankung gegenübersteht.
Zu dieser Zeit im Mai 2013 ist die Patientenorganisation in Bulgarien noch sehr jung. Aber die Organisation wird wachsen und sich entwickeln, um das zu werden, was sie heute ist: ein vertrauenswürdiger Partner von Ärzten und ein Forum für Patienten. Doch im Mai 2013 halten wir Passanten an, um ihnen einen Flyer und ein T-Shirt zu geben und ihnen zu erklären, was wir tun und warum. Warum wir über systemischen Lupus erythematodes und andere rheumatische Erkrankungen reden sollten.
Ich glaube, dass ich etwas bewirken kann. Mein Ziel ist es, die Aufmerksamkeit so vieler Passanten wie möglich zu erregen, damit sie mir zuhören, statt nur ein Merkblatt in die Hand zu nehmen und weiterzugehen. Bei jeder Begegnung fühle ich mich motivierter und zufriedener. Ich bin stolz auf mich. Ich bin sicher, dass Sie alle diese große innere persönliche Zufriedenheit kennen, die Sie vor Stolz fast platzen lässt und Ihnen sagt: „Ich kann das! Ich mache das! Und ich bin gut darin!“
Meine volle Unterstützung
Ich weiß bereits, dass diese Aktion in der Öffentlichkeit meine Aufgabe, „mein Ding“ ist, und dass ich von nun an BOPRD und deren Angelegenheit meine volle Unterstützung geben werde – der Angelegenheit der Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, deren Stimme gehört werden muss. Jahre werden vergehen, und ich werde damit fortfahren, viele weitere Merkblätter auszuteilen. Ich werde mehr und mehr Menschen ansprechen.
Nicht nur in Bezug auf die Auswirkungen rheumatischer Erkrankungen, sondern auch über frühe Diagnosen, moderne Behandlungsmöglichkeiten, Rehabilitation – über jedes Thema, das wir in unseren BOPRD-Kampagnen in den Mittelpunkt stellen werden. Ich werde mich weiter über diese Erkrankungen informieren, indem ich ausgiebig darüber lese. Ich werde andere Ehrenamtliche innerhalb unserer Organisation treffen. Einige von ihnen werden später meine engen Freunde.
Ich werde selbst die Diagnose Sklerodermie erhalten. Alles, was im Leben geschieht, hat eine Ursache! Ich werde auch die Gelegenheit haben, an den Patientenkongressen der Europäischen Rheuma-Liga (EULAR PARE) teilzunehmen. Nach jedem dieser Treffen werde ich mich motivierter, hoffnungsvoller und informierter fühlen – voller Vertrauen, dass ich die Informationen unserer Patientenorganisation BOPRD verbreiten muss, mit dem Anspruch und der Überzeugung, dass ich etwas Sinnvolles tue.
Ich werde arbeiten gehen und meinen Kollegen im richtigen Moment von rheumatischen Erkrankungen erzählen – meine Kollegen gehören sicherlich zu den kompetentesten Menschen auf diesem Gebiet, auch wenn man daran denkt, dass niemand von ihnen eine rheumatische Erkrankung hat. Sie sind einfach die Art von Menschen, die für neue Erfahrungen offen, verständnisvoll und hilfsbereit sind.
Seit diesem Tag im Mai 2013 brennt diese Flamme in mir: Ich genieße es immer noch, als Ehrenamtliche in unserer Selbsthilfeorganisation BOPRD zu arbeiten.
Ich erhalte kein Gehalt, aber meine Belohnung ist es, neue und interessante Menschen kennenzulernen, Freundschaften zu schließen, Spaß zu haben, Sachkenntnisse und Lebensweisheiten zu gewinnen, Vertrauen zu erleben und einen Sinn für bedeutende Geschehnisse zu entwickeln. Ehrenamtler sind Helden – nicht die Art von Helden, die schießen und Ganoven töten. Eher die Art von Helden, die die Welt verbessern, einen Schritt nach dem anderen.
Autorin: Hristina Bankova ist 48 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihrem erwachsenen Sohn in Sofia.
Übersetzung: Brunhilde Sattler ist ehemalige mobil-Chefredakteurin und lebt in Maxdorf.