Die Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung. In Deutschland leidet fast die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer über 65 Jahren an Arthrose. Oft sind Hüfte und Knie betroffen, da dies die großen gewichtstragenden Gelenke sind, die ständig durch Gehen und Stehen beansprucht werden.
Die Schmerzen bei Arthrose verlaufen typischerweise wellenförmig. Damit ist gemeint, dass es Phasen von vermehrten Schmerzen gibt und dann wieder Phasen verminderter Schmerzen, in denen Betroffene das trügerische Gefühl haben, dass die Beschwerden besser geworden sind.
Schmerzphasen werden typischerweise ausgelöst durch Überlastungen, bei der Hüfte zum Beispiel bei längeren Wegstrecken auf unebenem Grund, vermehrtem Stehen oder auch sportlicher Belastung, vor allem mit schnellem Richtungswechsel, Stop-and-Go und Sprungbelastung.
Ziel der konservativen Behandlung ist es, möglichst gut das schmerzarme Intervall zu bewahren.
Andere mögliche Ursachen abklären
Zur spezifischen Symptomatik einer Hüftarthrose gehören der Anlauf- und der Belastungsschmerz. Typischerweise schmerzen die ersten Bewegungen der Hüfte nach dem Aufstehen am Morgen oder auch nach dem Sitzen und sodann wieder, wenn eine andauernde Gehoder Stehbelastung stattgefunden hat. Ganz besonders treten Schmerzen nach einer Überbeanspruchung auf, etwa nach einer ungewohnt langen oder intensiven Belastung.
Dabei spüren Betroffene die Schmerzen in der Regel in der Leiste. Ausstrahlungen zum Knie und auch ins Kreuz sind bei fortgeschrittenen Arthrosen typisch. Den Leistenschmerz kann man sich durch den Erguss mit Schwellung der Kapsel und somit Dehnung der Strukturen vorstellen und natürlich wegen der mechanischen Beanspruchung des abgenutzten Hüftgelenkes. Mit zunehmender Arthrose ist der Bewegungsumfang eines Gelenkes mehr und mehr eingeschränkt.
Bei der Hüfte bemerkt man dies dadurch, dass das Bein beispielsweise nicht mehr so weit abzuspreizen ist oder auch die Verdrehbewegung nach innen und außen nur noch gering möglich ist. Unbemerkt bleibt oft die Einschränkung in Streckung des Hüftgelenkes. Manchmal wird deutlich, dass das betroffene Bein im Kniegelenk gebeugt erscheint, weil der Oberschenkel nicht vollständig gestreckt werden kann.
So macht sich eine Hüftarthrose bemerkbar
Oft ist es aber so, dass Betroffene ihre Beine durchdrücken, um stabil auf dem Boden zu stehen. Dann gerät aber das Becken in Vorneigung. Infolgedessen entsteht ein Hohlkreuz. Der Bauch erscheint weiter vorgewölbt, als er eigentlich ist. Mit dem Hohlkreuz treten in typischer Weise Schmerzen im Kreuz auf. Deswegen ist es auch so wichtig, bei Rückenbeschwerden immer auch die Hüftgelenke zu untersuchen, bevor man Injektionen oder gar Operationen durchführt. Mit der Bewegungseinschränkung können sich Muskeln verkürzen oder verkümmern. Die Gelenkkontraktur ist muskulär bedingt. Dann finden sich Verhärtungen, beispielsweise an der Innenseite des Oberschenkels.
Eine weitere Begleiterscheinung oder Differenzialdiagnose ist die Reizung des Schleimbeutels auf dem großen Rollhügel, die Bursitis trochanterica. Hierbei treten meist Druckbeschwerden beim Liegen auf der Hüfte auf, wobei der Schmerz schon beim Abtasten im äußeren Bereich am Oberschenkelknochen festzustellen ist.
Wichtige radiologische Differenzialdiagnosen sind die Femurkopfnekrose mit der lokalen Durchblutungsstörung im Hüftkopf sowie die transiente Osteoporose. Darunter versteht man eine Ausdünnung des körpernahen Oberschenkelknochens. Mithilfe der Kernspintomografie kann beides gut diagnostiziert werden. Je nach Stadium einer Hüftkopfnekrose kann gelenkerhaltend operiert werden, zum Beispiel, indem man mit Drähten den nicht durchbluteten Herd anbohrt und zugleich eine Therapie zur Durchblutungsverbesserung und zum Knochenaufbau durchführt.
Bei der transienten Osteoporose findet sich in der Kernspintomografie eine fleckförmige Durchblutungsstörung, die bis in den Bereich der Rollhügel reicht. Hier ist eine medikamentöse Therapie wichtig. Weitere Differenzialdiagnosen können auch ein Leistenbruch, ein Darmdivertikel oder gar Wirbelsäulenveränderungen im oberen Lendenwirbelsäulenbereich sein, sodass Strukturen weit außerhalb des Hüftgelenkes den Schmerz in diese Region projizieren.
Können Hausmittel Schmerzen lindern?
Da das Hüftgelenk in der Tiefe liegt und gut von Weichteilen umgeben ist, von Muskeln und Fett, kann Kälte nicht zur Abschwellung führen, so wie dies beim Kniegelenk leicht möglich ist. Die Fettschicht isoliert gegenüber der Kühlung, und der Weg in die Tiefe ist zu lang. Entsprechend können auch keine Gele oder Salben als abschwellende Maßnahmen wirkungsvoll eingesetzt werden.
Wenn es um die Milderung der sekundären muskulären Verspannung geht, ist Wärme gut anzuwenden. Dies sorgt für eine Mehrdurchblutung und damit Entspannung der Muskulatur.
Welche Maßnahmen kann der Arzt durchführen?
Injektionen in das Hüftgelenk sind sehr aufwendig. Um sicher zu sein, dass man das Gelenk in der Tiefe erreicht, muss die Nadel unter einem Bildwandler (Röntgengerät) positioniert werden und mit Kontrastmittel bestätigt werden, dass die Kanüle im Gelenk liegt. Dann erst kann die Substanz injiziert werden. Entsprechend sind Spritzen-Serien mit Knorpelpräparaten schlecht durchzuführen. Üblicherweise nutzt man die einzelnen Injektionen dazu, um mit Kortison und Lokalanästhetikum etwas gegen die Schwellung der Schleimhaut (Synovialis) zu machen. So kann die Reizung im akuten Stadium der Arthrose reduziert werden.
Gibt es Hilfsmittel für Hüftarthrose?
Eine Entlastung des Hüftgelenkes erreicht man nur durch eine Abstützung mit den Armen, also beispielsweise durch den Gebrauch von Gehstützen oder einem Rollator. Dies schränkt aber erheblich die Mobilität ein und sollte daher nicht als Standardbehandlung durchgeführt werden. Um den Belastungsdruck beim Auftreten zu reduzieren, empfiehlt es sich, einen weichen Absatz (Pufferabsatz) oder ein Fersenkissen im Schuh zu verwenden. Damit kann die Belastung maßgeblich reduziert werden.
Generell sind weiche Sohlen günstig. Man muss aber darauf achten, dass der Fuß fest im Schuh gefasst wird und nicht im Schuh „schwimmt“. Die Schuhe dürfen also nicht zu groß sein und müssen auch den Rückfuß an der Ferse gut umschließen. Im Vorfußbereich kann insbesondere bei Spreizfüßen eine Weichbettung sinnvoll sein, wenn zugleich Druckbeschwerden unter den mittleren Mittelfußköpfchen vorliegen. Prinzipiell ist darauf zu achten, dass der Abtritt vom Boden nicht zu weich ist und dadurch das Gehen mühsamer und instabil wird. Hüftbandagen oder Polster gegen Stürze finden im Allgemeinen keine Akzeptanz.
Physiotherapie unter Anleitung und in Eigenregie
Die Physiotherapie hat je nach Ausprägung der Arthrose und der eingetretenen muskulären Veränderungen verschiedene Zielrichtungen. Wichtig ist, dass immer die Koordination trainiert wird, also die Bewegungsabläufe, die durch Muskelketten das Zusammenspiel der verschiedenen Muskeln gewährleisten, die vom Rücken bis ins Bein ziehen. Dazu gibt es eine Reihe von einfachen Übungen, die gut erlernt werden können und dann auch in Eigenregie fortgeführt werden sollten.
Außerdem kann je nach Zustand der Muskulatur mehr gedehnt, gekräftigt oder auch gelockert werden. In meinem „Ratgeber Hüfte“ habe ich gemeinsam mit der Physiotherapeutin Anne Toffel Übungen so zusammengestellt, dass Sie diese mit Ihren Physiotherapeuten durchgehen und erlernen sollten und dann eigenständig zu Hause fortführen. Die Verbesserung der Beweglichkeit, die Stabilisierung durch die Muskulatur und die kontrollierten Bewegungsabläufe sind wichtige Elemente, um mit einer Arthrose des Hüftgelenkes besser zurechtzukommen. Deswegen wird die Übungsbehandlung als die wichtigste Maßnahme der konservativen Behandlung bei einer Hüftarthrose eingestuft.
Um Betroffenen ein systematisches Aufbauprogramm an die Hand zu geben, entwickeln wir ein webbasiertes Trainingsprogramm für das Hüftgelenk, das künftig über die Zentrale Prüfstelle Prävention zur Verfügung stehen wird und dann bei allen Krankenkassen genutzt werden kann. Nur Kurse der Zentralen Prüfstelle Prävention haben eine Zertifizierung, sind also geprüft.
Arthroseschmerz gezielt therapieren
In der Phase einer aktivierten, also akuten Arthrose, ist zudem eine gezielte Schmerztherapie sinnvoll. Dabei reichen die Therapiemöglichkeiten von einfachen Schmerzmitteln, die frei verkäuflich sind, bis hin zu starken Präparaten, die vom behandelnden Arzt sorgfältig abgewogen werden. Für einen milden Schmerz kann beispielsweise Paracetamol zum Einsatz kommen, bei dem bei Erwachsenen die Höchstdosis von vier Gramm pro Tag streng einzuhalten ist.
Eine gute Wirkung bei akutem Schmerz hat Metamizol, das auch bei starken Schmerzen eingesetzt wird. Zur Substanzgruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehören als typische Vertreter Diclofenac und Ibuprofen. Allerdings haben diese Präparate auch Nebenwirkungen. Eine neuere Entwicklung, die sich weit verbreitet hat, sind spezifische Cox-2-Hemmer, sogenannte Coxibe. Sie sind sehr magenschonend, haben aber in großen Studien Nebenwirkungen vor allem im Bereich von Herz und Niere gezeigt. Die Schmerzmedikation sollten Sie immer mit Ihrem behandelnden Arzt durchgehen.
Wann ist der Zeitpunkt für eine Operation gekommen?
Für die Entwicklung des arthrotischen Prozesses ist es typisch, dass dieser allmählich über viele Monate, manchmal einige Jahre allmählich fortschreitet. Dies bedeutet auch, dass sich Betroffene an ihre Einschränkungen gewöhnen. Sie akzeptieren zum Beispiel eine immer kürzer werdende Gehstrecke oder auch, dass sie schlechter Treppe steigen können. Mir haben Betroffene beispielsweise berichtet, dass sie Treppenstufen nur noch rückwärts hinunter gehen können. Dazu ist zu sagen, dass bei einem solchen Zustand die Grenze der konservativen Behandlung längst überschritten ist.
Als Faustregel gilt, dass man an eine operative Versorgung denken sollte, wenn man zunehmende Schmerzen und einen entsprechenden Schmerzmittelgebrauch hat, eine eingeschränkte Mobilität vorliegt, möglicherweise beschränkt auf die eigenen vier Wände, und nächtlicher Schmerz auftritt, der die Nachtruhe stört. Für die konservative Behandlung der Arthrose des Hüftgelenkes können Sie selbst vieles tun, indem Sie sich ein Gymnastikprogramm zusammenstellen. Ich empfehle immer, dies gemeinsam mit einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeut zu machen.
Wenn die Beschwerden Sie in Ihrer Mobilität einschränken oder gar ständig Schmerzmedikamente nötig sind, sollten Sie sich über eine schonende operative Versorgung informieren lassen. Dank Prähabilitation, minimierter operativer Technik und Fast-Track-Behandlung ist man auch nach einer Hüftprothesenoperation rasch wieder auf den Beinen und kann sich schnell selbst versorgen.
Autor: Prof. Joachim Grifka ist Leiter der Forschungsstelle Orthopädie und Ergonomie an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg.
Dieser Text erschien zuerst in der Mitgliederzeitschrift "mobil", Ausgabe 3-2025. Sechs Mal im Jahr erhalten Mitglieder der Deutschen Rheuma-Liga die Zeitschrift direkt nach Hause (jetzt Mitglied werden).

