Ärztinnen und Ärzte können erstmals Apps, also digitale Anwendungen fürs Smartphone, zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verschreiben.
Was bedeutet dies, und worauf sollte man achten? Julia Bidder, Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift "mobil", sprach dazu mit Marcel Weigand von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland.
Herr Weigand, Krankenkassen stellen Gesundheits-Apps für ihre Versicherten bereit, außerdem können Ärzte Apps sogar verordnen. Sind Apps der neue Zukunftstrend?
Jein. Man muss unterscheiden zwischen den Gesundheits-Apps, die frei verkäuflich sind, und den Digitalen Gesundheitsanwendungen, kurz: DiGAs, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gelistet werden und auf Rezept erhältlich sein werden.
Jeder zweite Deutsche nutzt bereits digitale Gesundheitsanwendungen, zum Beispiel Schrittzähler. Auf der anderen Seite sehen wir erschreckend niedrige Zahlen bei den Verordnungen von digitalen Gesundheitsanwendungen. Es scheint, als seien die Apps auf Rezept noch nicht in der Versorgung angekommen. Meiner Meinung nach hat man es versäumt, sowohl Ärzte als auch Patienten aufzuklären. Außerdem fühlen sich diese Anwendungen für viele Ärzte und Patienten wie Fremdkörper an. Man hat zu wenig darüber nachgedacht, wie man eine App ideal kombiniert mit dem den Patienten vertrauten, analogen Behandlungsprozessen.
Wie könnte so eine Kombi aussehen?
Zum Beispiel bei Diabetes Typ 2: Dafür gibt es bereits sogenannte Disease-Management-Programme (DMP), das sind strukturierte Behandlungsprogramme. Man könnte diese mit einer App kombinieren. Die App könnte mich zum Beispiel an Kontrolltermine beim Diabetologen erinnern und die eingetragenen Blutzuckerwerte an den Arzt übermitteln. Solche Elemente könnten dazu beitragen, dass Ärzte und Patienten die App gleichermaßen als Mehrwert verstehen.
Wie sehen Sie diese Entwicklung – eröffnet sie neue Chancen für unsere Gesundheit, oder birgt sie auch Risiken?
Grundsätzlich kann es auch Risiken geben – jede technische Anwendung kann mal nicht so funktionieren, wie sie soll. Wenn ich zum Beispiel eine App nutze, die mich an die Einnahme meiner Medikamente erinnern soll, und sie funktioniert nicht richtig, nehme ich möglicherweise meine Arzneimittel falsch ein. Oder ich messe meinen Blutzuckerwert nicht richtig. Aus meiner Sicht sind die meisten Fehler allerdings Bedienungsfehler. Und grundsätzlich sollte man trotz der App nicht aufhören, selbst mitzudenken: Ist es plausibel, was mir angezeigt wird?
Worauf sollte man beim Thema Datenschutz achten?
Es bleibt einem nichts anderes übrig, als das durchzulesen, was man eigentlich immer wegklickt: die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Datenschutzerklärung. Die wichtigsten Fragen sind: Werden meine Daten auf Servern in Deutschland oder Europa gespeichert oder außerhalb der Europäischen Union? Innerhalb der Europäischen Union gelten hohe Anforderungen an den Datenschutz. Werden meine Daten an Dritte weitergeleitet, und wenn ja, an wen und für welche Zwecke? Wenn ein App-Anbieter bei diesen wesentlichen Fragen nur vage Angaben macht, ist Vorsicht geboten, oder dann, wenn die Daten an Dritte und Dienstleister weitergegeben werden.
Wie ist Werbung zu bewerten?
Werbung per se ist ja nichts Verwerfliches, aber die Werbung darf die Inhalte der App nicht beeinflussen. Beim Herunterladen von kommerziellen Apps sollte ich mir im Klaren sein, dass sich diese Programme über die Zweitverwertung meiner Daten oder über Werbung finanzieren. Ich sollte mich auch fragen, wer ist der Anbieter der App, welche Interessen stehen dahinter? Die App eines gewinnorientierten Unternehmens ist möglicherweise nicht so neutral wie die von gemeinnützigen Institutionen oder Patientenorganisationen.
Was passiert mit meinen Daten, wenn ich die App nicht mehr nutzen will? Werden sie automatisch gelöscht?
Das ist von App zu App unterschiedlich, nicht immer werden die Daten automatisch gelöscht, wenn ich die App auf meinem Handy deinstalliere. Man kann natürlich den Hersteller anschreiben und mitteilen, dass man die Anwendung nicht mehr nutzen möchte, und darum bitten, dass die Daten gelöscht werden.
Verraten Sie uns, ob Sie selbst Gesundheits-Apps nutzen, und wenn ja, welche?
Tatsächlich habe ich ein Fitnessarmband, das zum Beispiel erfasst, wie viel ich mich bewege oder wie ich geschlafen habe. Außerdem nutze ich noch zwei Apps meiner Krankenkasse, eine App mit Meditationen und die App der Weissen Liste.