Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten, ergonomische Arbeitsplätze und kreative Lösungen tragen dazu bei, dass Menschen mit rheumatischen Erkrankungen im Arbeitsleben verbleiben können.
Besonderes Engagement in dieser Hinsicht belohnt die Initiative „Rheumapreis“, an der sich auch die Deutsche Rheuma-Liga beteiligt. Am vergangenen Freitag sind in Berlin drei Arbeitnehmerinnen und ihre Arbeitgeber mit dem Preis ausgezeichnet worden.
Carlotta Wolke, Sabine Perone-Morina und Swetlana Medwedev leben mit einer rheumatischen Erkrankung. In ihrem Beruf lassen sich die drei Frauen dadurch nicht aufhalten.
„Eine Behinderung sollte kein K.-o.-Kriterium sein“
„Ich möchte anderen Rheumakranken Mut machen und sie zum positiven Denken anregen“, sagt Carlotta Wolke, die als Wirtschaftsingenieurin in der Abteilung Business Development bei der VEPRONA GmbH arbeitet, „und ich möchte anderen Arbeitgebern zeigen, dass eine Behinderung kein K.-o.-Kriterium sein sollte.“ Seit ihrer Kindheit lebt sie mit einer rheumatoiden Arthritis.
Die Wirtschaftsingenieurin berät Landwirte und Erfasser landwirtschaftlicher Güter, vermarktet und handelt mit Soja für die Lebensmittelindustrie.
Trotz ihrer 50-prozentigen Schwerbehinderung ist sie etwa 30 Prozent ihres Arbeitsalltags im Außendienst tätig. Alle Mitarbeitenden im Unternehmen haben höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische Schreibtischstühle. Auf Wunsch bekommt man auch Computertastatur und Maus im ergonomischen Format. „Außerdem arbeiten wir alle in Gleitzeit, und so bin ich flexibel, Arzt- oder Physiotermine wahrzunehmen oder auch erst später ins Büro zu kommen, wenn es mir früh morgens einmal schlecht geht“, beschreibt Carlotta Wolke. Auch spontan einen Homeoffice-Tag einzulegen, sei möglich.
In seiner Laudatio erzählt Karl Cattelaens, ehemaliger stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Rheuma-Liga, was die Initiative überzeugt hat: „Ihr Optimismus, Ihr positives Denken und die große Unterstützung von Kollegen und Arbeitgeber.“
Rheuma-Liga macht Betroffenen Mut
Seit vielen Jahren macht die Deutsche Rheuma-Liga Menschen mit rheumatischen Erkrankungen Mut, weiter aktiv am Leben teilzunehmen. „Damit das gelingt, braucht es immer zwei: einen motivierten Arbeitnehmer oder eine motivierte Arbeitnehmerin und ein Unternehmen, das auf spezielle Bedürfnisse Rücksicht nimmt“, betont Rotraut Schmale-Grede, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. „Die Preisträger beim Rheumapreis zeigen, dass es viele mögliche Lösungen für die Arbeitsplatzgestaltung geben kann.“
Die Deutsche Rheuma-Liga zeigt auf ihrer Internetseite und auch in ihrer Ratgeberbroschüre Im Job mit Rheuma, welche Möglichkeiten es gibt.
„Offen über Probleme zu sprechen“
Flexibilität machte es auch möglich, dass Sabine Perone-Morina weiterhin für die Vorwerk Services GmbH tätig sein kann. Erst vor wenigen Jahren bekam sie ihre Diagnose: systemische Sklerose. „Ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen sehr anspruchsvollen, mitunter auch stressigen Job als Assistentin der Geschäftsleitung bei der Vorwerk Services GmbH in Wuppertal“, erzählt Sabine Perone-Morina. „Durch die vielen Untersuchungen fiel ich oft aus. Das fiel unserer Betriebsratsvorsitzenden Sina Hoppe auf, und sie kam auf mich zu und bot mir eine Stelle als Assistentin des Betriebsrats an“, erzählt sie.
Seither ist Sabine Perone-Morina auch als ordentliches Mitglied im Betriebsrat für Themen rund um Mitbestimmung, Inklusion und Gesundheit im Betrieb zuständig sowie als Schwerbehindertenbeauftragte tätig.
„Meine Vorgesetzte achtet auf mein Wohlergehen, zeigt mir, dass ich ihr wichtig bin, und achtet auf regelmäßige Pausen“, erzählt sie. „Ich habe auch einen extra leichten Laptop bekommen und sogar einen Parkplatz ganz vorne, um nicht so weit laufen zu müssen.“ Die Möglichkeit, zwischen 6 und 22 Uhr flexibel in Gleitzeit zu arbeiten, mache ihr das Managen der Therapietermine leichter. Gerade bei nasskaltem Wetter seien Schmerzen außerdem ein großes Problem; da könne sie problemlos aus dem Homeoffice arbeiten. „Ich konnte somit sogar von 35 auf 40 Wochenstunden aufstocken“, berichtet Sabine Perone-Morina. „Wichtig ist, offen über Probleme zu sprechen und Hilfsmöglichkeiten auch anzunehmen.“
„Ich kläre die Menschen auf“
Diese Offenheit betont auch Swetlana Medwedev, die dritte Preisträgerin des Rheumapreises. „Es ist wichtig, dass man eine solche Krankheit erklärt“, rät die Assistentin in der Personalabteilung bei der A&K Die Frische Küche GmbH. Das Verständnis für die Erkrankung beginne bei sich selbst. Man könne nicht erwarten, dass alle Mitmenschen die Krankheit ohne Erklärung verstehen und akzeptieren.
„Ich kläre die Menschen auf“, sagt sie, die mit der Erkrankung Morbus Bechterew lebt. Leider wurde sie zwischenzeitlich falsch behandelt: „Meine Wirbelsäule wies inzwischen schon Verknöcherungen auf, und meine Leberwerte waren sehr schlecht.“ Im Rheumazentrum Herne half man ihr. Und dann fand sie mit der A&K Die Frische Küche einen neuen Arbeitgeber. Dank Gleitzeit könne sie ihre Arbeitszeit an potenzielle Beschwerden am Morgen anpassen. An schlechten Tagen könne sie auch ganz zu Hause bleiben. Außerdem bekam sie einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen besonderen, auf sie eingestellten Bürostuhl.
Was auch viele Patientinnen und Patienten mit Morbus Bechterew selbst nicht wüssten, sei die Relevanz von Bewegung. „Oft mache ich abends noch einen Spaziergang, auch wenn ich Schmerzen habe“, berichtet Swetlana Medwedev. „Das bringt mir enorme Erleichterung und verringert meinen Schmerzmittelbedarf.“
Bewegung ist bei vielen rheumatischen Erkrankungen ein wichtiger Baustein der Therapie. Die Deutsche Rheuma-Liga bietet neben dem Funktionstraining auch viele weitere Bewegungskurse vor Ort an. „Auch damit unterstützen wir Menschen mit Rheuma, damit sie weiter aktiv am Leben teilnehmen können“, sagt Rotraut Schmale-Grede.
Der RheumaPreis
Der RheumaPreis geht seit 2009 partnerschaftlich an Arbeitnehmende mit einer rheumatischen Erkrankung und ihre Arbeitgebenden und ist mit je 3.000 Euro dotiert. Sponsoren des Preises sind AbbVie Deutschland GmbH und Lilly Deutschland GmbH. Der Bundesverband der Deutschen Rheuma-Liga, die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew, die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft und die Sklerodermie Selbsthilfe sind Partner der Initiative.

