Nach bisherigen Erkenntnissen besteht laut Robert-Koch-Institut für Rheuma-Betroffene ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19. Allerdings liegen naturgemäß bisher nur wenig gesicherte Erkenntnisse vor. Nun gibt es erste Hinweise aus Italien und Deutschland, dass Rheuma-Betroffene trotz Einnahme von Biologika und anderen immunsuppressiven Medikamenten eventuell doch nicht zur Risikogruppe von Patienten gehören, die einen schwereren Verlauf bei COVID-19 befürchten müssen.
Norditalien ist vom Coronavirus schwer betroffen. Rheumatologen aus der Region haben seit Beginn der ersten Corona-Fälle Daten von 320 Rheuma-Betroffenen, die mit Biologika oder JAK-Inhibitoren behandelt wurden, mit Fragebögen erfasst und ausgewertet (1). Darunter befanden sich vier Rheuma-Betroffene mit einer bestätigten Coronavirus-Infektion und vier Rheuma-Betroffene, die deutliche COVID-19-Symptome zeigten, aber nicht auf das Coronavirus getestet worden waren.
Sieben Rheuma-Betroffene ohne schwere Atemwegsprobleme
Trotz der Behandlung mit Biologika oder JAK-Inhibitoren entwickelten von den acht Rheuma-Betroffenen sieben KEINE schweren Atemwegsprobleme, und keine dieser Personen verstarb. Eine Person von 65 Jahren musste allerdings im Krankenhaus für einige Tage beatmet werden. Darüber hinaus war im Krankenhaus der italienischen Autoren bei den 700 Krankenhauseinweisungen aufgrund von COVID-19 kein Patient dabei, der vorher mit rheumatischen Basismedikamenten behandelt worden war.
In diesem Sinne berichtet auch das Deutsche Zentrum Immuntherapie (DZI) des Universitätsklinikums Erlangen nach Auswertung von rund 1000 Patientendaten, dass Patienten mit Erkrankungen wie Rheuma, Darmentzündung oder Schuppenflechte durch ihre entzündungshemmenden Medikamente keine oder nur sehr selten Anzeichen einer Infektion mit SARS-CoV-2 zeigten. „Der Grund liegt in der Ähnlichkeit der überschießenden Immunreaktion bei COVID-19 und bei Immunerkrankungen, die mit speziellen Therapeutika gehemmt werden können“, erläuterte Prof. Dr. med. univ. Georg Schett (2).
Hoffnung für Rheuma-Patienten?
Diese ersten Ergebnisse wecken Hoffnung für Rheuma-Patienten. Allerdings muss beachtet werden, dass Patienten mit einer entzündlichen Rheumaerkrankung häufiger an Begleiterkrankungen leiden, die das Risiko wieder erhöhen: Herz-Kreislauf-, Leber-, Nierenerkrankungen, Diabetes, Hypertonie, starkes Übergewicht, Depression. Das Robert-Koch-Institut und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werten bisher weiterhin (Stand 23.04.2020) Patienten mit Schwächung des Immunsystems (z. B. aufgrund einer Erkrankung oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie Kortison) als Risikogruppe für einen schweren Verlauf.
Die Deutsche Rheuma-Liga verfolgt die Entwicklung sorgfältig und wird darüber berichten, sobald das Robert-Koch-Institut und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ihre Einschätzung ändern.
Aber auch wenn es sich am Ende bestätigt, dass die Behandlung mit bestimmte Rheumamedikamenten kein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe darstellt, sollten alle Maßnahmen zum Eigenschutz und zum Schutz für andere weiter strikt befolgt werden.
(1) https://ard.bmj.com/content/79/5/667
(2) https://www.uk-erlangen.de/presse/pressemitteilungen/ansicht/detail/neue-moeglichkeiten-fuer-immundiagnostik-und-therapie-bei-covid-19/